Dänemark: Rechte große Sieger
Die Regierung von Dänemarks Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt ist abgewählt. Noch in der Wahlnacht verkündete die Regierungschefin auch ihren Rücktritt als Vorsitzende der Sozialdemokraten. Bei der Parlamentswahl am Donnerstag hatte die bürgerliche Opposition eine knappe Mehrheit errungen. Als Wahlsieger konnten sich die Rechtspopulisten feiern.
Mit 21,1 Prozent der Stimmen (37 Sitze) ging die ausländerfeindliche Dänische Volkspartei (DF) von Kristian Thulesen Dahl als zweitgrößte Partei aus der Wahl hervor. Neuer Ministerpräsident wird dennoch voraussichtlich der liberale Ex-Regierungschef Lars Lokke Rasmussen. Sein Mitte-rechts-Block errang nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen 90 der insgesamt 179 Parlamentssitze. Thorning-Schmidts Bündnis kam bei der Wahl am Donnerstag auf 85 Mandate.
Wahlverlierer
Rasmussens Venstre-Partei musste trotz des bürgerlichen Wahlsiegs herbe Verluste hinnehmen. Sie landete mit 19,5 Prozent der Stimmen nur auf Platz Drei und hat künftig 13 Sitze weniger im dänischen Parlament. "Wir haben keine besonders gute Wahl gehabt", gestand Lokke Rasmussen in der Wahlnacht ein. "Heute Abend haben wir eine Möglichkeit, aber nur eine Möglichkeit bekommen, in Dänemark die Führung zu übernehmen."
Die Sozialdemokraten legten im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren zwar ordentlich auf 26,3 Prozent der Stimmen (47 Mandate) zu, muss aber die Regierungsmacht abgeben. Regierungschefin Thorning-Schmidt räumte ihre Niederlage ein. Sie werde bei Königin Margrethe den Rücktritt ihrer Regierung einreichen, sagte sie mit Tränen in den Augen vor ihren Anhängern. Nun sei es an Rassmussen "zu versuchen, eine Regierung zu bilden". Thorning-Schmidt will nach eigenen Angaben auch den Parteivorsitz bei den Sozialdemokraten abgeben, die sie ein Jahrzehnt lang geführt hatte.
Zu den großen Wahlverlieren gehörten die Koalitionspartner der Sozialdemokraten: Die Sozialliberalen sackten auf 4,6 Prozent der Stimmen (8 Sitze) ab. Auch die Volkssozialisten schnitten mit 4,2 Prozent (7 Sitze) deutlich schlechter ab als 2011. Etwas besser als bei der vergangenen Wahl schlug sich die linke Einheitsliste mit 7,8 Prozent (14 Sitze). Die neue Partei "Die Alternative" des früheren dänischen Kulturministers Uffe Elbæk, die einen grünen Wandel fordert, konnte mit 4,8 Prozent der Stimmen (9 Mandate) ins "Folketing" einziehen.
Zugewinne für liberale Allianz
Im bürgerlichen Block feierte die liberale Allianz Zugewinne (7,5 Prozent/13 Mandate), während die Konservativen auf 3,4 Prozent (6 Mandate) zurückfielen. Chancenlos waren bei der Wahl die Christdemokraten (0,8 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag mit 85,8 Prozent unter der der Parlamentswahl 2011 (87,7 Prozent).
Thorning-Schmidt hatte vor vier Jahren als erste Frau den Sprung an die Regierungsspitze geschafft und zuletzt mit einer Koalition aus Sozialdemokraten und Sozialliberalen regiert. "Ich bin Dänemarks erste Ministerpräsidentin. Aber ich werde nicht die letzte sein", sagte die 48-Jährige in der Nacht zum Freitag in Kopenhagen. Im Wahlkampf hatten die Ministerpräsidentin und ihr Herausforderer Lokke Rasmussen sich gegenseitig scharf angegriffen. Vor allem die Themen Wohlfahrt und Asylpolitik hatten die Debatten bestimmt.
Thorning-Schmidt hatte seit ihrem Amtsantritt 2011 viele linke Wähler enttäuscht. Die 48-jährige Sozialdemokratin senkte die Steuern und hielt an vielen Reformen ihrer konservativen Vorgänger fest - etwa die Verkürzung des Bezugs von Arbeitslosengeld sowie die restriktiven Asylgesetze. Zudem machte eine Wirtschaftskrise der Regierung zu schaffen. Inzwischen hat sich die Wirtschaft erholt.
Asylanträge
Knapp 15.000 Flüchtlinge stellten im Vorjahr in Dänemark Anträge auf Asyl. Doppelt so viele wie im Jahr zuvor – und heuer werden es noch viel mehr werden. Damit liegt das skandinavische Land auf der Liste der EU-Länder auf Rang fünf, die am meisten Flüchtlinge pro Kopf der Bevölkerungszahl aufnehmen.
Für eine Mehrheit in dem 179 Sitze starken dänischen Parlament sind 90 Sitze nötig. Mit einem vorläufigen Endergebnis der Wahl in Dänemark wird Freitag Nacht gegen 01.30 Uhr gerechnet. Die Verteilung der grönländischen Mandate könnte aber erst am frühen Freitagmorgen feststehen.
Ministerpräsident wird Kristian Thulesen Dahl wohl nicht. Doch in der dänischen Politik dürfte der 45-jährige Rechtspopulist in den kommenden Jahren der neue starke Mann sein, der die Strippen zieht. Mit seiner "Dansk Folkeparti" (DF) hat der Lehrersohn Dänemark nach rechts gerückt. Die erste Parlamentswahl mit ihm als Parteichef ist zugleich die erfolgreichste in der Geschichte der Rechtspopulisten.
Nachdem "Kronprinz Kristian" den Parteivorsitz 2012 von der damaligen DF-Chefin Pia Kjaersgaard übernommen hatte, gab der charismatische Familienvater der Dänischen Volkspartei einen neuen strategischen Anstrich: ein weniger scharfer Ton, dafür mehr Fokus auf sozialen Themen. Wenn Parteimitglieder allzu extreme Ansichten äußerten, wies er sie in die Schranken. Seitdem kennt seine Partei nur eine Richtung: nach oben.
Der glühende Fußballfan (angeblich vom FC Liverpool), der ursprünglich aus einer sozialliberalen Familie stammt, wird für seine kontrollierte und besonnene Art über seine Partei hinaus bewundert. Freunde habe er aber wenige, soll er nach Medienberichten einmal gesagt haben. Im Parlament hat Thulesen Dahl den Ruf, zwar nahezu immer zu spät zu kommen, dafür aber bestens vorbereitet zu sein.
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