Budapester Bürgermeister für Freigabe von EU-Fördermitteln

European Parliament session in Strasbourg
Karacsony: Würde Regierung "eine der wichtigsten innenpolitischen Waffen aus der Hand nehmen" - Oppositionssieg bei Wahl 2026 erwartet.

Der oppositionelle Budapester Bürgermeister Gergely Karacsony hat sich für die Freigabe von zurückgehaltenen EU-Fördermitteln für Ungarn ausgesprochen. "Ich denke, dass dies der Regierung eine der wichtigsten innenpolitischen Waffen aus der Hand nehmen würde", sagte der Grün-Politiker am Donnerstagabend in der ZiB2 des ORF. 

Das Kabinett von Ministerpräsident Viktor Orbán verweise nämlich immer auf Brüssel, wenn die schwierige Lage im Land zur Sprache komme.

Würde die EU-Kommission die Gelder direkt an Städte wie Budapest auszahlen, "wird sich das ganze Land weiterentwickeln und Fidesz hätte niemanden mehr, auf den sie sich ausreden könnten", argumentierte Karacsony. Brüssel hält seit Jahren Fördergelder in Milliardenhöhe zurück, um die ungarische Regierung zu Verbesserungen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit zu bringen. Der sogenannte Rechtsstaatlichkeitsmechanismus war im Jahr 2021 eingeführt worden, um die finanziellen Interessen der Europäischen Union zu schützen.

Karacsony: "Demokrat zu sein bedeutet, keine Angst zu haben"

Karacsony zeigte sich zuversichtlich, dass die Opposition die Parlamentswahlen im Frühjahr 2026 gewinnen werde. Er selbst werde bei dem Urnengang nicht kandidieren. Er hoffe darauf, dass die Budapest Pride im kommenden Jahr wieder von zivilgesellschaftlichen Organisationen veranstaltet werde und nicht wie heuer von der Stadtverwaltung. Karacsony hatte so ein Schlupfloch genutzt, um das verfassungsrechtliche Verbot der Pride zu umgehen. Vor Strafen fürchte er sich nicht. 

"Demokrat zu sein bedeutet, keine Angst zu haben", betonte er. Zudem seien die Anschuldigungen "völlig aus der Luft gegriffen". Bei der Pride habe es sich um eine Veranstaltung der Stadt Budapest gehandelt, bei der das Verbot der Regierung keine Gültigkeit gehabt habe.

Mit ihrer regen Teilnahme an der Budapester Pride hätten die Menschen die "klare Botschaft gesendet", dass sie ihre Freiheit leben wollten. "Die Menschen haben genug davon, dass über ihre Köpfe hinweg tyrannisch entschieden wird", so Karacsony mit Blick auf die Regierung Orbán.

Die seit 2010 regierende Fidesz Partei habe Umfragen zufolge an Popularität verloren. "Heute scheint der Zauber gebrochen." Weil Fidesz aber alles daran setzen werde, um an der Macht zu bleiben, müsse man sich "auf einen sehr harten und teils auch schmutzigen Wahlkampf einstellen". Die Opposition stehe dabei wegen des Wahlsystems mit seinen Einzelwahlkreisen "vor einem großen Dilemma", sagte der Lokalpolitiker, ohne eine Wahlempfehlung abzugeben. Umfragen lassen einen Zweikampf zwischen Orbán und seinem langjährigen Weggefährten Peter Magyar erwarten, der mit seiner Partei Tisza bei der Europawahl im Vorjahr aus dem Stand 30 Prozent der Stimmen erreicht hatte.

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