Brasilien – das Land, wo der Kaffee wächst

Hände schütten Kaffeekirschen in einen Korb.

Teil 4: Weltgrößter Exporteur. Auch Meinl-Bohnen kommen aus dem Bundesstaat Minas Gerais.

15 Millionen Tonnen Kaffeebohnen werden pro Jahr für Julius Meinl verschifft. Das Gros davon kommt aus Brasilien, wo sich gerade Jeanette Meinl aufhält. Die Schwester von Julius V. fühlt sich für die "Kernkompetenz der Familie" verantwortlich und kümmert sich um den Kaffeeeinkauf. Ihr Credo: "Kaffee ist eigentlich wichtiger als Banken."

Derzeit bereist sie wieder einmal den "Ciclo do Cafe", der das Dreieck zwischen Rio de Janeiro, Belo Horizonte und Sao Paulo beschreibt. Dabei durfte sie auch einmal die KURIER-Redakteurin begleiten. Eine Reise, die sich ins Gedächtnis eingeprägt hat.

Die Haupthäuser dieser Fazendas, der großen Kaffeeplantagen im Bundesstaat Minas Gerais, erinnern in ihrer alten, ein bisschen vergilbten Pracht an die Südstaatenhäuser, die man aus dem Film "Vom Winde verweht" kennt. Nur, dass hier alles noch viel größer und großzügiger erscheint. Im 19. Jahrhundert statteten die Kaffeebarone ihre Häuser mit allem Luxus aus der Alten Welt aus. Das hat sich heute geändert, und viele große Kaffeefarmen haben ihre Gebäude inzwischen zu kleinen Hotels ausgebaut, um den Lebensstandard überhaupt halten zu können. Vor allem junge, erfolgreiche Brasilianer aus den Städten kommen gerne übers Wochenende und studieren hier ein Stück Geschichte ihres Landes – auch die Geschichte der Sklaven.

Die Sklaverei wurde erst 1888 mit dem Goldenen Gesetz (Lei Aurera) abgeschafft. Doch mangels Alternativen blieben viele als Landarbeiter auf den Farmen, wo schon ihre Eltern geschuftet hatten.

Eine Frau mit Hut erntet Kaffeebohnen auf einer Plantage.
Ein Mann mit Hut harkt Kaffeebohnen zum Trocknen.
Ein Arbeiter trocknet Kaffeebohnen.
Ungebrühte Kaffeebohnen fallen von einem Förderband.

Bis heute können die großen Plantagenbesitzer nicht genau sagen, wie viele Menschen für sie arbeiten oder in den sehr bescheidenen Quartieren wohnen – alle Hütten haben Satellitenschüsseln und sonst sehr, sehr wenig. Es seien zwanzig oder fünfzehn oder hundert Familien, heißt es sehr ungenau, aber nicht unfreundlich. Man kennt sich lange, bleibt aber auf Distanz.

Auch alte Familienbetriebe wie Pedra Negra in Tres Pontas haben Sorgen, weil sie keine Nachfolger finden und nur schweren Herzens verkaufen wollen. Die Jugend aus dem Landadel zieht es in die Städte, nach Rio de Janeiro oder Sao Paulo. Zurück bleiben die Eltern in ihren Sechzigern, die sich an alten Traditionen festklammern und mit den Kaffeepreisen hadern.

Für uns vier Europäer als einzige Gäste in der Fazenda Pedra Negra spielte ein Pianist, der ehemalige Klavierlehrer, zum Frühstück Mozart auf einem leidlich gestimmten Flügel. Die äußerst gastfreundliche Hausherrin führte uns dann durch ihr Reich mit Sommer- und Winterküche.

Jeanette Meinl, die eine fantastische Reiterin ist, residierte in einem noch größeren Haus mit angeschlossenen Stallungen. Sie verpflichtete drei gar nicht so sattelfeste Herren als Begleiter zum Morgenausritt.

Eine Kaffeepflückmaschine erntet Kaffeekirschen auf einer Plantage.
Kaffeebohnen wachsen eigentlich auf Bäumen, die aber zu Sträuchern zusammengeschnitten sind.
Eine Arbeiterin erntet Kaffeekirschen auf einer Kaffeeplantage.
Dadurch wird der Ertrag dadurch höher und das Ernten geht einfacher.
Ein Mann fährt eine Erntemaschine über ein Feld mit Kaffeebohnen.
Ein Kleinfarmer bewirtschaftet im Schnitt weniger als zehn Hektar und liefert seine Bohnen bei Genossenschaften ab.
Ein Mann siebt Kaffeebohnen vor blauem Himmel.
Die großen Betrieben haben mehrere hundert oder tausend Hektar.

Der Kaffeeanbau war ursprünglich ein Privileg adeliger Familien, das der König verlieh. Erst durch die Einwanderung von Deutschen, Österreichern, Schweizern und Italienern entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bäuerliche Familienbetriebe. Die Landreform stockt bis heute, es gibt kein funktionierendes Grundbuch. Kleinbauern, die weniger als zehn Hektar bewirtschaften sind in Genossenschaften organisiert. Auch bei ihnen kauft Jeanette Meinl ein.

Brasilien spielt beim Kaffee-Export in der Top-Liga. Neben Rindfleisch, Zucker, Kaffee, Orangensaft und Soja gehört Kaffee zu den klassischen Exportgütern der Brasilianer. Das Land liefert bis zu einem Drittel der weltweiten Kaffeebohnen.

Ein Stück Zuckerrohr liegt zwischen grünen und braunen Blättern.
Zwei saftige Steaks, garniert mit Rosmarin und Gewürzen, liegen auf einem Teller.
... und Rind...
Ein Parkplatz ist voll mit vielen Lastwagen.
... und Soja. Bild: Hunderte Soja-Trucks protestieren in Curitiba gegen ihre Arbeitsbedingungen.

Heuer ist es um die Ernte aber schlecht bestellt. In Brasilien hat es Anfang des Jahres viel zu wenig geregnet. In der Hauptanbauregion Minas Gerais, im Südosten des Landes, hat es im Jänner nur 86 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gegeben, statt den sonst üblichen 280 bis 300 Litern. Ähnlich war die Situation im Februar. Die Kirschen an den Sträuchern sind teilweise vertrocknet. Die brasilianische Regierung rechnet deswegen mit neun Prozent weniger Ernte. Der brasilianische Großexporteur Terra Forte schraubt seine Planungen bereits um 15 Prozent zurück.

Das treibt den Kaffeepreis in die Höhe. Im April ist er auf das Zweijahreshoch von 2,19 Dollar je Pfund gestiegen. Experten halten die Preisausschläge allerdings für teils übertrieben und rechnen wieder mit einer Erholung.

Kaffee ist nach Erdöl der wichtigste Exportrohstoff der Welt. Der Versuch, nach dem Vorbild der OPEC Preisausschläge über eine Übereinkunft von Verbraucher- und Erzeugerländern zu vermeiden, ist gescheitert. Zu groß waren die Interessenskonflikte.

1989 wurde das Kaffeeabkommen aufgelöst. Das Auf und Ab der Preise steht damit an der Tagesordnung. Arabica-Bohnen werden vor allem an der Kaffeebörse in New York, Robusta-Bohnen an jener in London gehandelt. Weltweit kontrollieren fünf Konzerne den Kaffeemarkt: Kraft, Nestlé, Procter&Gamble, Sara Lee und Tchibo.

Ein Arbeiter inspiziert Säcke mit Kaffeebohnen, die auf Paletten gestapelt sind.
Dadurch lagerten in den Häfen von Abidjan und San Pedro 500.000 Tonnen Kakao, die eigentlich für den Export bestimmt waren.

Zurück zu Teil 4:

Brasilien, Hochburg der Schönheitsindustrie

Teil 5 der Serie,

"Kulinarisches Brasilien", finden Sie hier ab 2.6.

Kommentare