Belgien: Nationalisten sprengen Regierung wegen UN-Migrationspakt

Die N-VA im Wahlkampfmodus
Regierungschef Michel will Minister der Flämischen Nationalisten austauschen

Die Regierungskoalition in Belgien steht wegen des Streits über den UNO-Migrationspakt vor dem Aus. Regierungschef Charles Michel schlug nach einer Krisensitzung am Samstagabend vor, die drei Minister des Koalitionspartners N-VA durch Staatssekretäre zu ersetzen, um "die Kontinuität und die Funktionsfähigkeit unserer Institutionen zu gewährleisten". Die flämischen Nationalisten von der N-VA sind strikt dagegen, dass Michel zu der UNO-Konferenz in Marrakesch reist, bei der der Migrationspakt bestätigt werden soll.

Die rechte N-VA ist die größte Partei im Parlament. Beobachter halten ihr Vorgehen für ein Wahlkampfmanöver. Im Mai stehen in Belgien Parlamentswahlen auf dem Programm. 

Der UNO-Migrationspakt umfasst eine Reihe von Leitlinien und Maßnahmen zur weltweiten Steuerung von Migration, die Umsetzung ist rechtlich aber nicht bindend. Im Kern geht es um eine bessere internationale Zusammenarbeit in der Migrationspolitik und um Standards im Umgang mit Flüchtlingen. Das Regelwerk soll bei einer Konferenz am Montag und Dienstag in Marrakesch angenommen werden.

Minderheitsregierung angedacht

Michel will nach dem Austritt der Nationalisten aus der Vier-Parteien-Koalition seine Arbeit an Spitze einer Minderheitsregierung fortsetzen. Er habe den Rückzug der flämischen N-VA im Streit über die geplante Zustimmung der Regierung zum UNO-Migrationspakt am Samstag "zur Kenntnis" genommen, sagte Michel. Er kündigte zugleich eine Kabinettsumbildung an.

Michel bekräftigte nach der Sitzung, dass er trotz des Widerstands der N-VA nach Marrakesch fliegen werde. Er werde "als Regierungschef einer verantwortungsbewussten Koalition" in das Flugzeug steigen und nach seiner Rückkehr mit dem Parlament über die Regierungskrise beraten. Bei der Krisensitzung sollte eigentlich ein Ausweg aus der Krise gefunden werden. Der N-VA-Vorsitzende Bart De Wever sagte nach der Sitzung vor Journalisten, wenn seine Partei in der Regierung "keine Stimme" mehr habe, dann habe es auch "keinen Zweck" mehr weiterzumachen.

Nationalisten-Kampagne gegen Pakt

Michel hatte am Donnerstag nach einer hitzigen Debatte im Parlament angekündigt, gegen den Willen der N-VA nach Marrakesch zu reisen. Die N-VA macht seit Wochen Stimmung gegen den UNO-Migrationspakt. Die drei anderen Koalitionspartner stehen jedoch hinter dem Abkommen: Neben der liberalen wallonischen Partei von Regierungschef Michel unterstützen auch die flämischen Liberalen und die Christdemokraten den Migrationspakt.

Michel hatte wegen des Streits am Dienstag angekündigt, das Parlament um eine Stellungnahme zu bitten. Im Parlament stellen die flämischen Nationalisten die größte Fraktion. Dennoch sprach sich die Volksvertretung am Donnerstag mit einer großen Mehrheit von 107 zu 36 Stimmen für den Migrationspakt aus. Neben der N-VA stimmte nur die fremdenfeindliche Partei Vlaams Belang dagegen.

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