Barnier: EU muss sich bei Brexit auch auf No Deal einstellen

Barnier: EU muss sich bei Brexit auch auf No Deal einstellen
Der EU-Chefverhandler will bis Dezember Klarheit haben, ob es mit Großbritannien ein Abkommen gibt oder nicht.

EU-Brexit-Chefverhandler Michel Barnier will prüfen, ob die von London im sogenannten Weißbuch gemachten Vorschläge umsetzbar seien. Da es Monate für eine Ratifizierung brauche, müsse es aber bis spätestens Dezember eine Einigung geben, betonte Barnier am Freitag bei einer Pressekonferenz mit dem amtierenden EU-Ratsvorsitzenden Gernot Blümel (ÖVP). Entscheidend bleibe die Irland-Frage.

Generell begrüßte Barnier die Vorschläge Großbritanniens. Viele Elemente daraus würden den Weg zu konstruktiven Verhandlungen öffnen. Zahlreiche Fragen seien aber auch noch offen. Die Lösungen müssten jedenfalls praktikabel sein und nicht zu mehr Bürokratie führen. Unter österreichischem EU-Vorsitz müsse man sich auf das Austrittsabkommen und auf die politische Erklärung zu den künftigen Beziehungen einigen, "wir haben dafür noch 13 Wochen", sagte Barnier.

Irland-Frage entscheidend

Entscheidend bleibe die Lösung der Irland-Frage. "Wir sind verpflichtet, das Karfreitagsabkommen in allen seinen Dimensionen zu erhalten", betonte Barnier. Die EU wolle keine Grenze zwischen Nordirland und Irland, sondern fordere Warenkontrollen. "Wir möchten eine Einigung, wir müssen uns aber auf alles einstellen, auch auf einen No Deal." Es brauche nicht mehr Zeit, sondern mehr Entschlossenheit.

Blümel bekräftigte, dass eine Auffanglösung für die Irland-Grenzregelung für die EU eine Bedingung für den Austrittsvertrag sei. "Ohne Backstop (Auffanglösung, Anm.) haben wir keinen Deal", sagte er nach Beratungen der 27 EU-Staaten zum Brexit. Die Einheit der EU-27 in den Verhandlungen sei jedenfalls gegeben und von allen Mitgliedsstaaten als sehr wichtig erachtet worden.

Es sei wichtig, bis Oktober zu einer Einigung mit Großbritannien über den Austrittsvertrag und zu einer politischen Erklärung über die künftigen Beziehung zu kommen, so Blümel. Die Verhandlungen müssten bis dahin beschleunigt werden, forderte der Kanzleramtsminister.   

Austrittsabkommen zu 80 Prozent fertig

Ein umfassendes Freihandelsabkommen sei im Interesse der EU, versicherte Barnier. "Wir haben große Verantwortung, den Binnenmarkt zu erhalten", betonte der Franzose. Er ermuntere die nationalen Behörden und Unternehmen sich zu den britischen Vorschlägen zu äußern. Es müsse verhindert werden, dass Großbritannien durch das Ausklammern von Dienstleistungen in einen "unfairen Wettbewerb" mit der EU trete, warnte er.

Derzeit habe sich die EU beim Austrittsabkommen erst zu 80 Prozent mit den Briten geeinigt, sagte Barnier. Ein Gefühl eines Revanchismus gebe es bei den Verhandlungen nicht, "wir wollen ein konstruktives Abkommen".
 

 

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