Unbeliebter Ballermann
Mit der Kultur der Deutschen können die Spanier grundsätzlich nicht viel anfangen – auch eine Folge der in den Medien verbreiteten Exzesse auf Mallorca. Doch genau diese Exzesse bekommen jetzt einen Galaauftritt im Fernsehen. Sie haben eine Hauptrolle in der Amazon-Prime-Serie „Last Exit Schinkenstraße“, die gerade auf der Insel gedreht wird und noch in diesem Jahr ausgestrahlt werden soll – selbstverständlich ergänzt durch die Zweitkarrieren abgehalfterter deutscher Schlagerstars auf der Insel. Das Drehbuch dazu schrieb der norddeutsche Komiker Heinz Strunk.
Währenddessen mühen sich die Lokalregierungen auf den Balearen damit ab, den Sauftourismus endlich einzubremsen. Mehrere Gesetze wurden zuletzt erlassen. Die seit 2015 amtierende mallorquinische Regierungschefin Francina Armengol will den längst sprichwörtlichen Ballermann am liebsten komplett abschaffen – so wie auch das britische Gegenstück: die Sauf-Hochburg Magaluf.
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Ob ihr das tatsächlich gelingt, ist offen. Am 28. Mai sind Regional- und Kommunalwahlen, und diesmal könnte es knapp werden für die Sozialisten. Aber auch wenn die Konservativen gewinnen sollten, werden nackte Oberkörper in Cafés und Restaurants sowie Sangria-Kübel mittags am Strand wohl der Vergangenheit angehören.
Verärgerte Spanier ...
Die späte Karriere einiger Schlagersänger im Szene-Lokal „Oberbayern“ am Platja de Palma wird trotzdem weitergehen. Ganz so, wie es bereits im Vorjahr der österreichische Regisseur Ulrich Seidl dargestellt hat. Der zeigte mit „Rimini“, wie Österreicher an der Adriaküste in ähnliche Exzesse wie die Deutschen verfallen.
Sein darin porträtierter Schlagersänger Richie Bravo ist sich für nichts zu schade und hat unübersehbare Ähnlichkeiten mit dem seit 1999 regierenden deutschen „König von Mallorca“ Jürgen Drews. Der hat sich aber inzwischen aus dem Ballermann-Business zurückgezogen.
Seidls ungeschminkte Filmrealität ist den Spaniern übrigens so fremd und unangenehm wie der reale Ballermann. Bei einer Vorführung in Madrid konnte der KURIER kürzlich beobachten, wie eine Spanierin regelrecht angeekelt aus der Vorführung flüchtete: „Es ist einfach nur ekelhaft, wie sich der wenig attraktive Protagonist verhält. Das gilt auch für die Frauen um ihn rum“, erklärt sie ihren Abgang. Lachen über so viel schlechtes Benehmen und offene Obszönität ist den Spaniern fremd.
... lachende Deutsche
In Deutschland dagegen findet der groteske Prolo-Humor verlässlich sein Publikum. Anders als Seidl will Komiker Heinz Strunk vor allem einmal unterhalten. Er macht sich in der Serie „Last Exit Schinkenstraße“ lustig über die Szene und spielt auch selbst mit. Für die deutsche Wochenzeitschrift Zeit hat er in diesem Sinne einen eigenen Ballermann-Song produziert: „Breit in 100 Sekunden“. Das Video dazu spielt allerdings an einem Ostsee-Strand. Dort benehmen sich die Deutschen sich allerdings ganz anders als auf Mallorca.
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