Australien schiebt Flüchtlinge in Übersee-Lager ab

Australien schiebt Flüchtlinge in Übersee-Lager ab
Auch Dutzende Babys werden auf Nauru und Papua Neuguinea interniert.

Die australische Justiz hat den Weg für die Abschiebung hunderter Flüchtlinge in Übersee-Lager geebnet, darunter auch von zahlreichen in Australien geborenen Babys. Der Oberste Gerichtshof des Landes wies am Mittwoch die Klage einer Frau aus Bangladesch gegen ihren Zwangsaufenthalt auf Nauru im Pazifik ab. Der Prozess galt als Präzedenzfall für mehr als 260 Asylbewerber.

Die australische Regierung lässt keine Bootsflüchtlinge ins Land, sondern interniert sie auf Nauru und Papua Neuguinea. So war auch die Frau aus Bangladesch nach Nauru gebracht worden. Wegen eines medizinischen Notfalls während ihrer Schwangerschaft wurde sie dann aber in Australien behandelt. Die Organisation Human Rights Law Centre brachte die Klage der Frau gegen ihre geplante Rückführung schließlich vor Gericht.

540 Flüchtlinge auf Nauru

Das Zentrum argumentierte, eine Rückkehr nach Nauru würde sie, ihren Mann und das mittlerweile ein Jahr alte Kind traumatisieren. Jede Mutter habe das Recht auf ein gutes Leben an einem sicheren Platz für ihre Familie. Auf Nauru sind derzeit fast 540 Flüchtlinge unter schwierigen Bedingungen untergebracht, auf Papua Neuguinea sind es weitere 922 Schutzsuchende.

Mit sechs Stimmen zu einer Stimme lehnte das Oberste Gericht nun die Klage ab und erklärte, die Internierung der Flüchtlinge in Überseegebieten verstoße nicht gegen das Gesetz. Das Human Rights Law Centre erklärte dazu, Rechtmäßigkeit sei eine Sache, "Moral eine andere". Von einer Abschiebung nach Nauru seien nun auch Frauen bedroht, die in dem Lager Opfer sexueller Übergriffe geworden seien.

"Kinder aus der Grundschule herauszureißen und sie auf unbestimmte Zeit in ein Lager auf einer kleinen abgelegenen Insel zu bringen, ist falsch."

Australien schiebt Flüchtlinge in Übersee-Lager ab
epa05106160 A picture made available on 17 January 2016 shows Australian Prime Minister Malcolm Turnbull speaking as he pays an unannounced visit to Australian troops in Taji, north of Baghdad, Iraq, 16 January 2016. Australian troops are training Iraqi soldiers for the fight against the so-called Islamic State (IS or ISIS), helping improve the Iraqis' basic skills such as marksmanship, combat tactics and leadership. About 300 Australians are working alongside about 100 New Zealand soldiers on the training mission at Camp Taji, north of Baghdad. EPA/GARY RAMAGE/POOL AUSTRALIA AND NEW ZEALAND OUT
Insgesamt droht nach dem Urteil mehr als 260 Flüchtlingen die Rückführung, darunter 37 in Australien geborenen Babys sowie 54 anderen Kindern, die zur medizinischen Behandlung in das Land geflogen worden waren. "Kinder aus der Grundschule herauszureißen und sie auf unbestimmte Zeit in ein Lager auf einer kleinen abgelegenen Insel zu bringen, ist falsch", erklärte Daniel Webb von der Organisation, die den Fall betreute.

Turnbull: "Legal und verfassungsrechtlich gültig"

Premierminister Malcolm Turnbull verteidigte hingegen Australiens harte Einwanderungspolitik: Das Gericht habe diese als "legal und verfassungsrechtlich gültig" eingestuft. Australiens Grenzen seien sicher, sagte er im Parlament. "Irgendwo muss die Linie gezogen werden und sie wird an unserer Grenze gezogen." Selbst wenn der Flüchtlingsstatus der Schutzsuchenden anerkannt wird, dürfen die Menschen nicht nach Australien kommen, was international scharf kritisiert wird.

Die Regierung in Canberra argumentiert immer wieder, dass durch ihre Politik weniger Menschen im Meer ums Leben kämen. Eine Senatsermittlung kam unlängst aber zu dem Schluss, dass die Bedingungen in den abgelegenen Lagern unangemessen und unsicher sind. Menschenrechtsgruppen berichten immer wieder von sexueller Gewalt vor Ort. Erst Mitte Jänner wurde zudem bekannt, dass es im Schnitt jeden zweiten Tag Selbstverletzungen in den Übersee-Lagern gibt.

Australien schiebt Flüchtlinge in Übersee-Lager ab
A sign stands outside the High Court of Australia in Canberra, Australia, in this picture taken on October 15, 2014. Australia's highest court will begin considering on October 7, 2015 whether the policy of sending asylum seekers to the tiny South Pacific nation of Nauru for long-term detention is in breach of the constitution, a major challenge to the controversial policy. The hearings at the High Court, which are scheduled to last two days, will test for the first time whether Australia has the legal right to participate in the offshore detention of asylum seekers - the backbone of its immigration policy for five years. Picture taken on October 15, 2014. REUTERS/David Gray

Zu Protesten aufgerufen

Schutzbedürftige und missbrauchte Menschen dorthin zurückzuschicken, wo sie auf unbestimmte Zeit leiden müssten, sei "hart und kaltherzig", erklärte der australische Flüchtlingsrat. Auch das UN-Kinderhilfswerk Unicef warnte davor, Minderjährige nach Nauru zurückzubringen. Damit gerate nicht nur der kleine Inselstaat unter Druck, sondern die Kinder seien hohen Risiken ausgesetzt. Die Organisation Refugee Action Coalition rief zu Protesten in dieser Woche gegen das Gerichtsurteil auf.

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