„Arbeit ist kein zu vermeidender Leidzustand“

„Arbeit ist kein zu vermeidender Leidzustand“
Unterstes Level des Arbeitslosengeldes könne nicht die heu- tige Mindestsicherung sein.

Die Bundesregierung will die Mobilität von Arbeitslosen erhöhen. Konkret sollen Arbeitslose aus Ostösterreich auch freie Stellen im Tourismus im Westen des Landes annehmen. Arbeitsrechtsprofessor Wolfgang Mazal, ein von der Regierung gern konsultierter Experte, hat im KURIER bereits das degressive Arbeitslosengeld skizziert: Hohes Arbeitslosengeld zu Beginn der Arbeitslosigkeit, rasch sinkendes Arbeitslosengeld bei längerer Dauer. Das soll ein Signal sein: „Wir lassen dich nicht im Stich, aber du musst von dir aus etwas

tun, um rasch wieder in Beschäftigung zu kommen, weil es sonst fühlbar weniger wird.“

Im SchauTV-Gespräch mit KURIER-Redakteur Michael Bachner erklärt Mazal, warum der Staat trotz sinkender Arbeitslosenzahlen eine Arbeitsmarktreform machen soll. Mazal: „Arbeit ist nicht ein im Zweifel zu vermeidender Leidzustand, sondern existenziell wichtig. Arbeit gibt Sinn, Arbeit gibt Wert in unserer Gesellschaft. Deswegen sollte jede Politik darauf ausgerichtet sein, Menschen Arbeit zu verschaffen und in Arbeit zu bringen.“

"Warum eigentlich, Herr Mazal?"

Wirtschaft gefordert

Das gehe auch die Wirtschaft an. Mazal: „Die Wirtschaft muss überlegen, wie sie an Arbeitskräfte kommt, etwa, indem sie andere Löhne, vielleicht auch für Übersiedlungswillige Prämien bezahlt. Ich sehe nicht nur den Staat aufgerufen. Politik geht uns alle an, auch die Wirtschaft ist gefordert.“

Mit finanziellem Druck die Menschen zu bewegen, „für eine Zeit lang die Zelte abzubrechen und der Arbeit nachzuziehen“, könne man nicht über einen Kamm scheren. Mazal: „Wer kleine Kinder hat, kann nicht einfach von Wien nach Tirol übersiedeln.“ Bei jungen, ungebundenen Menschen könnte man das System aber „so ausgestalten, dass es motiviert, einen entfernten Arbeitsplatz aufzusuchen“. Was könnte das unterste Level des Arbeitslosengeldes sein? Mazal: „Was das unterste Level einer Basisabsicherung ist, wissen wir nicht. Wir haben in Österreich keine verfassungsrechtlich klar abgesicherte Grenze nach unten, als einer der wenigen Staaten weltweit übrigens. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch als Basisabsicherung für Asylwerber knapp 500 Euro akzeptiert. Das ist sehr wenig. Klar ist, dass es nicht die heutige Mindestsicherung sein könnte, weil die ja heute schon die Absicherung ist für Menschen, deren Arbeitslosengeld niedriger ist .“

Um zusätzliche Fachkräfte zu bekommen, sollten auch Anreize geschaffen werden, dass sich Schulabbrecher weiterbilden.

daniela kittner

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