Dutzende Soldaten durch Raketen getötet

Ein Maschinengewehr mit ukrainischen Farben liegt auf einem provisorischen Hindernis.
Bei den Kämpfen im Osten steigt der Blutzoll - Amnesty wirft den Separatisten Folterpraktiken vor.

Mindestens 30 Soldaten und Grenzschützer sind bei den Kämpfen von Regierungstruppen und prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine getötet worden: Die Regierungstruppen seien mit Raketenwerfern beschossen worden, sagte ein Berater des Ministeriums am Freitag. Die Zahl der Opfer könne noch steigen. Die Regierungstruppen gehen derzeit mit einer abstimmten Offensive von Armee und Truppen des Innenministeriums gegen die Separatisten vor, die im Gebiet von Donezk, Luhansk und Slawjansk "unabhängige Volksrepubliken" ausgerufen hatten. Sie streben eine Abspaltung des Gebiets von der Ukraine an.

Offensive fordert dutzende Leben

Die Kämpfe werden nach Beginn der Großoffensive der ukrainischen Armee heftiger und verlustreicher. Die Verwaltung von Donezk sprach von schweren Kämpfen rund um den stillgelegten internationalen Flughafen. Die Bewohner naher Siedlungen sollten keinesfalls die Häuser verlassen, sagte ein Sprecher. Der selbst ernannte Regierungschef der nicht anerkannten "Volksrepublik Donezk", Alexander Borodaj, bestätigte die Gefechte. Falls sich die Armee nicht zurückziehe, müssten etwa 100.000 Bürger aus Sicherheitsgründen die Stadt verlassen, behauptete er. Ein Militärkonvoi aus Panzern und Mannschaftswagen hatte bereits am Vortag rund 20 Kilometer südlich von Donezk Position bezogen.

Foltervorwürfe

Amnesty International wirft den Separatisten und regierungstreuen Truppen im Osten des Landes indes schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Die Menschenrechtsorganisation sprach von "immer mehr Beweisen" für Folter und Menschenraub. In den vergangenen drei Monaten seien Journalisten, Aktivisten und Demonstranten schwer verprügelt und auf andere Weise gefoltert worden, teilte Amnesty am Donnerstag mit.

Der Bericht beruhe auf Informationen, die ein Amnesty-Team in den vergangenen Wochen in der Ostukraine recherchiert habe. "Das Gros der Verschleppungen wird von bewaffneten Separatisten verübt, die Opfer sind oft Prügel bis zum Erbrechen und Folter ausgesetzt", sagt Denis Krivosheew von Amnesty International, Vizedirektor für Europa und Zentralasien. "Aber auch seitens der regierungstreuen Kräfte haben wir Menschenrechtsverletzungen dokumentiert." Hunderte von Entführungen gebe es demnach in der ganzen Ostukraine, in den Regionen Donezk und Luhansk. Umfassendes, belastbares Zahlenmaterial gebe es nicht.

Keine Feuerpause

Die ukrainischen Streitkräfte sollen nach russischer Darstellung auch eine Kontrollstelle an der gemeinsamen Grenze beschossen haben. Man habe bei der Regierung in Kiew gegen den Vorfall protestiert, erklärte das Außenministerium am Donnerstag in Moskau. Es sei nicht das erste Mal, dass der Grenzübergang Gukowo unter Beschuss geraten sei.

Russland und die Separatisten lehnten nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko mehrere Vorschläge für Orte ab, an denen eine Feuerpause verhandelt werden könnte. Das habe Poroschenko US-Vizepräsident Joe Biden in einem Telefonat gesagt, teilte das Weiße Haus am Donnerstag (Ortszeit) mit. Er selbst sei bereit für eine neue Feuerpause, so Poroschenko. Er habe der deutschen Bundeskanzlerin in einem Telefonat versichert, dass er offen sei für eine "beidseitige Waffenruhe", teilte die ukrainische Präsidentschaft am Freitag mit.

Gleichzeitig habe Poroschenko in dem Gespräch am Donnerstagabend betont, dass eine Kontrolle der Grenze zu Russland unerlässlich sei, um das Einsickern von Waffen und Kämpfern aus dem Nachbarland zu verhindern. Nach Angaben Kiews erklärte Merkel, dass eine Überwachung der Grenze durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) aufgrund der Kampfhandlungen derzeit nicht möglich sei.

Kommentare