Afghanischer Minister: "Illegale Migration wird nicht enden"

Afghanischer Minister: "Illegale Migration wird nicht enden"
Faizullah Zaki Ibrahimi sieht ein Ende des Krieges in Afghanistan nicht gleichbedeutend mit einem Ende der Fluchtbewegung.

Der afghanische Arbeitsminister Faizullah Zaki Ibrahimi hat sich für eine "ordentliche" Behandlung seiner Landsleute in Europa ausgesprochen, die restriktive Asylpolitik der EU aber indirekt gestützt. "99,9 Prozent" der Afghanen kommen mit den Lebensbedingungen in ihrem Land zurecht, sagte Ibrahimi am Freitag in einem Interview mit der APA und der Tageszeitung Die Presse in Wien.

Auf die Frage nach verfolgten Minderheiten wie den Hazara sagte Ibrahimi, man dürfte die Lage nicht "verallgemeinern". Nur "ein paar hundert Leute" würden sich als verfolgt ansehen. "Aber Millionen, die absolute Mehrheit, 99,9 Prozent derselben Gemeinschaften leben in Afghanistan und kommen mit den Bedingungen hier zurecht", betonte der Minister, der aber "Probleme" und "Spaltungen" durch Extremistengruppen einräumte. "Aber die Regierung bemüht sich um Versöhnung", fügte er hinzu.

"Angebot, legale Migrationskanäle zu öffnen"

Auf Nachfrage wollte sich Ibrahimi aber nicht auf die Aussage festlegen, dass überhaupt kein Mensch Afghanistan aufgrund von Verfolgung verlassen müsse. "Nein, das sage ich nicht. Ich bin kein Richter", sagte er in Anspielung auf die europäischen Asylverfahren. "Ich sage nicht, dass überhaupt niemand Afghanistan verlassen muss, ganz im Gegenteil", sprach er sich für die Schaffung legaler Einwanderungsmöglichkeiten nach Europa aus.

"Wir als Regierung glauben nicht, dass irreguläre Migration die beste Variante ist. Unser Angebot ist, legale Migrationskanäle zu eröffnen", sagte er. Diesbezüglich richte Afghanistan etwa den Blick auf die Golfregion, wo 15 Millionen Gastarbeiter tätig seien - "und kein einziger davon kam bisher aus Afghanistan". Dies solle sich nun ändern, verwies er auf ein kürzlich mit den Emiraten geschlossenes Abkommen. "So etwas könnten wir auch mit den EU-Mitgliedsstaaten machen."

Ibrahimi wies darauf hin, dass die afghanische Wirtschaft nicht mit dem Bevölkerungswachstum mithalte. Die Wirtschaft wachse um drei Prozent jährlich, "das ist gerade einmal so viel, wie das Bevölkerungswachstum ausmacht". Eine Kooperation könnte nicht nur in Form von regulärer Arbeitsmigration erfolgen, sondern auch über Kurzzeitaufenthalte oder Stipendien.

Der Minister strich die Erfolge des EU-Afghanistan-Abkommens bei der Rückführung von Afghanen hervor, forderte aber zugleich eine gute Behandlung seiner Landsleute durch die europäischen Staaten. "Afghanische Staatsbürger, die sich in verschiedenen Staaten aufhalten und um Asyl oder Aufenthalt angesucht haben, sollten ordentlich behandelt werden", sagte er.

Illegale Migration und ihre Ursachen

Ibrahimi bezeichnete die in Afghanistan operierenden Terrorgruppen als "eine der größten Sicherheitsbedrohungen" des Landes und kritisierte, dass diese vom Ausland unterstützt und finanziert werden. Allerdings wollte er auf Nachfrage nicht sagen, welche Länder er dabei im Blick hat. Negative Auswirkungen des eskalierenden Konflikts zwischen den USA und dem Iran habe sein Land bisher nicht gespürt. Beide Seiten hätten in den vergangenen Jahren versucht, ihren Konflikt und die Beziehungen zu Afghanistan auseinanderzuhalten. "Wir hoffen, dass das weiterhin so bleibt."

Den Taliban wiederum müsse klargemacht werden, "dass sie keine Chance haben, den Konflikt zu gewinnen. Wenn sie das einmal gesehen haben, dann ist der Weg zu Verhandlungen offen", sagte Ibrahimi. "Wir arbeiten hart daran, die Taliban an den Verhandlungstisch zu bringen", verwies der Minister auf das Angebot von Präsident Ashraf Ghani, Gespräche ohne jegliche Vorbedingungen zu führen.

Gegenüber der Presse stellte Ibrahimi zugleich fest, dass ein Ende des Kriegs nicht automatisch bedeute, dass Afghanen im Land blieben. "Wenn es eines Tages Frieden mit den Taliban geben sollte: Glauben Sie, dass die illegale Migration aus Afghanistan nach Europa dann aufhören wird? Nein, sie wird nicht enden, bevor nicht die Ursachen gelöst werden", wird Ibrahimi zitiert.

Ibrahimi hielt sich am Donnerstag und Freitag in Wien auf, um an der vom "International Centre on Migration Policy Development" (ICMPD) veranstalteten "Vienna Migration Conference" teilzunehmen. Bei einer Podiumsdiskussion mit Amtskollegen aus Deutschland, Portugal, den Niederlanden und Tunesien sorgte er am Donnerstagabend für Erstaunen, indem er angab, dass ihm von den österreichischen Behörden nur ein 72-Stunden-Visum gegeben worden sei, obwohl er ein Minister mit Diplomatenpass sei.

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