Assange: "Hexenjagd gegen WikiLeaks"

Vom sicheren Balkon der ecuadorianischen Botschaft in London aus wandte sich Julian Assange gestern Nachmittag zum ersten Mal seit zwei Monaten an seine jubelnden Anhänger: "Ich fordere US-Präsident Obama auf, die Hexenjagd auf WikiLeaks zu beenden", las er vom Blatt. Die USA seien auf bestem Wege, die Pressefreiheit weltweit zu unterdrücken, sagte der WikiLeaks-Gründer.
Was der 41-jährige Australier, der sich zwei Monaten in der Botschaft Ecuadors verschanzt hält, hingegen nicht sagte: Welche Schritte er plant; wie es nun weitergehen soll für den "politischen Asylanten", der keinen Schritt vor die Botschaft machen kann, ohne von den britischen Behörden verhaftet zu werden.
Gerüchte
Unmittelbar vor seinem weltweit mit großer Spannung erwarteten Kurzauftritt waren Gerüchte kursiert: Assange wolle sich den schwedischen Behörden stellen – unter einer Bedingung: Er, Assange, müsse die Garantie erhalten, nicht an die USA ausgeliefert zu werden.
In Assanges Verlautbarung aber war keine Rede vom Aufgeben, im Gegenteil gab sich der WikiLeaks-Gründer kämpferisch und behauptete: "Während WikiLeaks bedroht wird, wird auch die Meinungsfreiheit und die Gesundheit unserer ganzen Gesellschaft bedroht." Vergangene Woche hat Julian Assange von Ecuador politisches Asyl erhalten. Doch sein Dilemma ist: Er kann das Botschaftsgebäude nicht verlassen und somit auch nicht zum Flughafen kommen, ohne sofort verhaftet zu werden. Gegen Assange gibt es einen EU-weiten Haftbefehl.
In Schweden, wo zwei junge Frauen Anzeige gegen ihn erstattet haben, soll Assange wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung vernommen werden. Assange und seine Anhänger sehen dahinter jedoch nur einen Vorwand: Eigentlicher Grund des Vorgehens sei Assanges Einsatz für WikiLeaks, dessen Veröffentlichungen den USA enorm geschadet haben.
Drohungen, die Botschaft zu stürmen und Assange zu verhaften, haben die britischen Behörden nicht wahr gemacht. Südamerikas Staaten sind dennoch empört und unterstützen Ecuador. Am Sonntag rief die Union Südamerikanischer Nationen ( UNASUR) dazu auf, über Verhandlungen zu einer für alle "akzeptablen Lösung" zu finden. Ecuadors Präsident Rafael Correa stellt wiederum den Konflikt mit Großbritannien über die Auslieferung von Julian Assange als einen Kampf gegen den Kolonialismus dar.
Laufband
Assange bleibt indessen nichts als sich weiter in der Botschaft seines Gastlandes zu barrikadieren. Er lebt in einem fensterlosen Raum in der Zehn-Zimmer-Wohnung der Botschaft. Zuerst schlief Assange auf einer Luftmatratze, seit Kurzem hat er ein Bett und eine Dusche zur Verfügung. Für seine körperliche Fitness wurde ihm ein Laufband zur Verfügung gestellt.
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