Ansturm auf die Kinderreisepässe

Ein Junge hält seinen EU-Reisepass, während seine Mutter daneben sitzt und ein Beamter im Hintergrund tippt.
Ab 15. Juni braucht jedes Kind einen eigenen Reisepass. Bitte warten, heißt es jetzt besonders an schulfreien Tagen.

D ie Urlaubssaison naht. Obwohl seit Monaten bekannt ist, dass ab 15. Juni jedes Kind schon ab der Geburt bei Auslandsreisen ein eigenes Dokument benötigt, hat erst jetzt der große Ansturm auf die Passämter eingesetzt. Am vergangenen Freitag nutzten Tausende in Österreich den schulfreien Tag, um mit ihren Kindern die Formulare auszufüllen.

Rund 1,2 Millionen Kinder werden noch einen eigenen Reisepass benötigen, wollen sie heuer im Sommerurlaub ins Ausland reisen. Wer keinen hat, wird am Flughafen zurückgewiesen und darf nicht an Bord der Maschine.

"Der Ansturm wird langsam immer größer", berichtet Oliver Birbaumer von den Wiener Magistratischen Bezirksämtern. Vor allem an schulfreien Tagen gibt es bereits Wartezeiten, wenn kein Termin online gebucht wurde. Die nächste Geduldsprobe steht am kommenden Dienstag ins Haus. Nach Pfingsten gibt es oft einen schulautonomen freien Tag.

Laut Innenministerium haben bis 21. Mai bereits 116.214 Kinder und Jugendliche einen neuen Pass beantragt. Das sind mehr als doppelt so viele wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres (knapp 54.000 Dokumente). Allerdings geht der Ansturm erst jetzt richtig los.

Insgesamt haben bereits rund 600.000 Kinder einen eigenen Pass, der seit dem Jahr 2009 ausgegeben wird. Für Babys bis zwei Jahre ist das rote Dokument gratis, außer es ist eine Expresszustellung notwendig. Von zwei bis zwölf Jahren sind 30 Euro fällig. Für ältere Kinder sind 75,90 zu bezahlen. Bis der Reisepass nach Hause geliefert wird, vergeht normalerweise eine Woche. Bei einem stärkeren Andrang kann es aber zu Engpässen in der Staatsdruckerei kommen.

Fototricks

Eine Frau steht hinter der Theke eines Fotogeschäfts.

Neben der Staatskassa werden auch die Geldbörsen der Fotografen gefüllt. "Das Geschäft geht jetzt besser", bestätigt Anita Joska vom "Bildermacher" in der Wiener Neubaugasse.

Vier Passbilder kosten rund sieben Euro. Vor allem bei Säuglingen sind aber mitunter einige Tricks notwendig, um ein regelkonformes Bild zu knipsen. Joska setzt etwa die Babys auf den Schoß der Eltern. Papa oder Mama werden anschließend mit einem weißen Leintuch verhüllt.

Auch wenn die Aktion als Maßnahme gegen den weltweiten Kinderschmuggel verkauft wird, gingen dazu beim KURIER-Lokalaugenschein in drei Wiener Passämtern die Meinungen auseinander. Jeder Zweite sprach von "Abzockerei". Die anderen Eltern sind verständnisvoller: "Die Bestätigung, dass das mein Sohn ist, gibt mir im Urlaub mehr Sicherheit. Außerdem ist es praktisch, dass meine Kinder jetzt mit den Großeltern verreisen können", sagt Silke Fay-Kolm, zweifache Mutter.

"Mein Kind ist zehn Wochen alt", sagt Hatice Doganay. "Da kann man ja noch nicht einmal ein ordentliches Foto anfertigen."

Wr. Neustadt: 160 Pässe an einem schulfreien Tag

Dienstagnachmittag war wieder einer dieser starken Tage, an dem es für die Bediensteten am Passamt der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt keine Verschnaufpause gibt. Den langen Amtstag bis 19 Uhr nutzten viele Familien, um für ihre Kinder vor der Urlaubssaison einen Kinderreisepass zu lösen.

"Da die Kinder wegen des Fingerabdrucks persönlich anwesend sein müssen, sind es vor allem die Stunden außerhalb der Schulzeit, an denen großer Andrang herrscht", erklärt die Leiterin des Bürgerbüros, Monika Seidl. Den Rekord im heurigen Jahr hält einer der schulautonomen Fenstertage, an dem auf der BH 160 Reisepässe beantragt wurden.

Da kann es schon einmal zu Wartezeiten von einer bis maximal eineinhalb Stunden kommen. "Deshalb werden die Kollegen am Passamt an diesen Tagen von den Außendienst-Mitarbeitern unterstützt", schildert Bezirkshauptmann Andreas Strobl. Die Belegschaft ist außerdem angehalten, nicht auf Urlaub zu gehen.

Burgenland: Amt öffnet auch Nachmittag

Anfang dieser Woche rief eine erboste junge Mutter in der KURIER-Redaktion an. Ihr Begehr: Warum ist es auf der Mattersburger Bezirkshauptmannschaft (BH) nur am Vormittag möglich, einen Reisepass für ihr zehnjähriges Kind zu bekommen, wo das Kind bei der Antragstellung bzw. Ausstellung dabei sein muss? "Immerhin ist das Kind schulpflichtig", sagt die junge Mutter.

Burgenlands Landesamtsdirektor Robert Tauber, oberster Chef der Bezirkshauptmannschaften, war mit derartigen Beschwerden bis Montag noch nicht konfrontiert. Er nahm sich der Sache an, und: "Die Amtsstunden (8–12 Uhr, Anm.) werden zwar nicht ausgeweitet, aber nach telefonischer Anfrage wird sich Zeit für eine Ausstellung des Reisepasses auch am Nachmittag für Eltern und Kinder finden." In den sechs anderen BH schließt man sich dieser Regelung an.

Graz: Nur der Regen bremste die Andrangsflut

Groß ist das Gewurl in der Servicestelle der Stadt Graz. "Vor allen an schulautonomen, freien Tagen und nachmittags, wenn die Kinder keinen Unterricht haben, staut es sich oft gewaltig", berichtet Pass­amtsleiterin Evelyn Danz. Denn jedes Kind müsse persönlich anwesend sein.

Der Fenstertag nach Christi Himmelfahrt sei es besonders arg gewesen. "104 Antragsteller haben lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, obwohl wir elf Schalter geöffnet haben." Der Dienstag nach Pfingsten werde wohl ähnlich turbulent werden. Auch der Monatsanfang spiele eine Rolle. "Da haben die Leute mehr Geld für die Gebühren."

Lokalaugenschein Dienstagvormittag: Bei strömendem Regen hält sich der Andrang in Grenzen. Karin Raunig kommt schnell dran, weil Töchterchen Emily ihren ersten Pass braucht.

Öffnungszeiten: Mo. und Mi. 7.30 bis 18 Uhr, Di., Do., Fr. jeweils 7.30 bis 13 Uhr. Man kann auch über das Internet einen Termin reservieren: www.graz.at

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