Ameisen als Stau-Berater

Perfekt fließender Verkehr, mehrspurig, in entgegengesetzte Richtungen, ohne Unfälle oder Verzögerungen. Und das bei einem Durchsatz von mehr als 100 Fortbewegungswilligen pro Minute. Nein, hier ist nicht von einem Wunder auf der Südautobahn an einem Urlauber-Reisewochenende die Rede, sondern von Wander-Ameisen-Straßen. Doch was können die Insekten, was der Mensch nicht kann?
Sie sind weniger egoistisch, sagen Forscher. Und das ist die beste Strategie gegen Staus. Denn die entstehen, wenn Autofahrer nur an sich denken und nicht daran, ob andere ihretwegen bremsen müssen. Ursache für den Egoismus im Straßenverkehr sei ein klassischer Ressourcenkonflikt.
Stau-Typen
Zwar gibt es inzwischen Navigationsgeräte, die in Echtzeit vor Staus warnen und Umleitungen empfehlen. Doch viele Autofahrer meinen, sie wüssten es besser. Daher muss bei jedem System der Faktor Mensch einkalkuliert werden. Wie Autofahrer denken, wissen Wissenschaftler längst. Michael Schreckenberg, renommierter Verkehrsforscher, hat die Typen für Deutschland erhoben und meint, sie seien auf Österreich umlegbar: "Ich sehe da kaum Unterschiede." Da gibt es die "Sensiblen" (44 Prozent), die von der Autobahn abfahren, wenn ein Stau über Radio oder Navi gemeldet wird. Wer zur Gruppe der "Zocker" gehört, fährt dagegen unerschrocken auf den Stau zu. Die "Konservativen" (42 Prozent) ignorieren Warnungen schlicht. Zu ihnen gehört die Untergruppe der "Stoiker", die nicht nur die Meldungen in den Wind schlagen, sondern immer stur die gleiche Route zum Ziel fahren. Sie machen es offenbar richtig und kommen am schnellsten an, hat der Physiker herausgefunden.
Diese Autofahrer-Typologie fließt in die Warnsysteme ein. "Der Mainstream verhält sich unauffällig, aber es gibt eine Minderheit, die nahezu ständig auf dem Gaspedal steht oder oft die Spur wechselt – und die kann Staus verursachen", sagt Schreckenberg.
Wie das vermieden werden kann, lernen die Stauforscher von Ameisen, die mithilfe chemischer Signale kommunizieren. Dieses Prinzip wollen die Forscher auf den Straßenverkehr umlegen: Fahrzeuge sollen miteinander und mit Ampeln vernetzt werden. Sobald der Verkehr dichter wird, würde diese Information via WLAN an Fahrzeuge weitergegeben, die dann automatisch ausweichen oder ihre Geschwindigkeit anpassen. Car2X-Kommunikation nennen das die Wissenschaftler. "Man bringt den Autos ein Schwarmverhalten bei, durch das alle synchron agieren", erklärt der deutsche Verkehrspsychologe Bernhard Schlag. Beschleunigen, abbremsen, Spur wechseln, all diese Reaktionen sind ins Modell eingeflossen. Es berücksichtigt sogar, ob der einzelne Fahrer davon ausgeht, dass der Vordermann gleich bremsen oder beschleunigen wird. Man hofft, dass diese Technologie in fünf bis zehn Jahren einsetzbar ist. Es würde reichen, wenn fünf Prozent aller Fahrzeuge damit ausgestattet wären.
Ob all die technischen Hilfsmittel allerdings je die Schwarm-Intelligenz der Ameisen überflügeln? Unwahrscheinlich! Denn französische Forscher fanden heraus, dass die Insekten-Autobahnen effizienter werden, je voller sie sind.
BeAware! erstellt automatischen Situationsbericht
Ein neue
Software namens BeAware! ermöglicht Einsatz- und Leitzentralen Probleme im Straßenverkehr vorauszusagen und somit
Staus zu verhindern. Anlass für das Programm war die enorme Informationsflut, die es in den Verkehrsleitzentralen zunehmend erschwert, den Überblick zu bewahren. Das Programm wurde an den Instituten für Bioinformatik und Telekooperation der
Johannes Kepler
Universität Linz erstellt.
Das Programm macht einen automatischen Verkehrslagebericht. Verkehrsinformationen aus unterschiedlichen Quellen wie Stausensoren, Verkehrsnachrichtendiensten sowie Baustellen- und Veranstaltungsinformationen werden miteinander verknüpft, potenziell kritische Situationen erkannt und beschrieben.
So kann das System aus den Informationen "Tunnel", "Tagesbaustelle" und "Fußballspiel" sowie deren räumlich-zeitlichen Auftreten vor einem möglichen " Stau innerhalb eines Tunnels" warnen. Außerdem schlägt das System Handlungsalternativen vor und zeigt mögliche Konsequenzen auf: Um einen möglichen Stau zu vermeiden, wäre es möglich, die Tagesbaustelle rechtzeitig aufzuheben oder die Autofahrer zu warnen.
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