Wiggins bereit für Weltrekord-Show mit Bahn-Vierer

Bradley Wiggins mit roter Sportbrille und Kappe des Team Sky.
Der Vollbart ist ab, und auch sonst wirkt Bradley Wiggins generalüberholt. Freundlich, konzentriert, witzig, mit seiner Welt im Einklang. Kein Vergleich mehr zu früheren Zeiten, wo der Tour-de-France-Sieger von 2012 oftmals schlecht gelaunt und grantig daherkam. Mit der Rückkehr auf die Bahn zum Abschluss seiner Karriere ist der 36-Jährige wieder aufgeblüht.

"Die letzten zwölf Monate waren die schönsten seit sehr langer Zeit", erklärte Wiggins. Ab Donnerstag will er sein Lebenswerk vollenden. Gold mit dem Bahn-Vierer in Weltrekordzeit lautet das Ziel. Danach würde er mit acht olympischen Medaillen - so viele hat kein anderer Brite - von der großen Bühne abtreten.

So war der Plan. Der Rücktritt ist aber nicht in Stein gemeißelt. "So, wie ich mich jetzt fühle, könnte ich bis Tokio weitermachen", meinte Wiggins. "Ich denke, dass ich physisch noch vier Jahre gehen könnte. Ob ich das auch will, ist eine andere Sache."

Die Freude am Radsport ist zurück. "Der olympische Teil meiner Karriere macht mich am meisten stolz", sagt Wiggins - immerhin einer, der 2012 als erster britischer Tour-Sieger Radsport-Geschichte geschrieben hat. Und doch würde Wiggins diese Zeiten heute noch verfluchen. Der ganze Stress, jeden Tag die Pressekonferenzen, jeden Tag die immer wiederkehrenden Fragen.

Vor vier Jahren in London war es regelrecht zur "Wiggomania" gekommen. Wenige Tage nach seinem Tour-Sieg durfte er bei der Eröffnungsfeier mit einem Glockenschlag die XXX. Sommerspiele einläuten, kurz darauf gewann er unter dem Jubel von mehreren hunderttausend Landsleuten das Zeitfahren, von der Queen wurde er gar zum Ritter geschlagen, von den Medien zur Sportpersönlichkeit des Jahres gewählt.

"Ich war auf all das nicht vorbereitet", sagte Wiggins. "Du hast von einem auf den anderen Tag gelebt. Links und rechts haben sie an dir gezogen. Es war hart." Sein ganzes Leben sei auf den 2. August 2012 ausgerichtet gewesen, den Tag des olympischen Zeitfahrens. "Aber keiner hat dir gesagt, was danach kommt. Es geht da gar nicht mal um die Berühmtheitsgeschichten. Es geht um dein Privatleben, deine Kinder. Sie waren sieben und acht Jahre alt und haben es nicht verstanden, warum plötzlich jeder ein Stück von ihrem Vater wollte."

Jetzt sind Bella und Ben elf und zwölf Jahre alt - und sie haben ihren Vater zurück, so wie sie ihn kennen. Ein Vater, der mit 36 Jahren gar schnellere Runden dreht als bei seiner Olympia-Premiere 2000 in Sydney. Im Training sei Wiggins mit seinen Kollegen Ed Clancy, Owain Doull und Steven Burke bereits Weltrekord gefahren, berichtete der für die britischen Ausdauersportler zuständige deutsche Coach Heiko Salzwedel. "Das ist kein Geheimnis, einige Leute haben es gesehen."

Der britische Vierer hatte 2012 beim Olympia-Heimspiel in 3:51,659 Minuten den Weltrekord selbst aufgestellt, nun soll es in Bereiche von 3:49 Minuten gehen - auch mit Hilfe von hautähnlichen Anzügen und Spezialrädern. Alles andere als Gold wäre eine große Enttäuschung, meinte Wiggins. "Es muss schon einiges wirklich schlecht laufen, damit wir verlieren." Der australische Vierer, der im März noch bei der WM gegen die Briten gewann, gilt als größter Rivale.

Kommentare