Familie und Beruf? Der Königsweg der Vereinbarkeit

Familie und Beruf? Der Königsweg der  Vereinbarkeit
Eine Gesellschaft, die Zukunft haben möchte, muss familienfreundliche Arbeit ermöglichen. Doch worauf kommt es bei der Vereinbarkeit an?

„Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist knallharte Betriebswirtschaft und kein Esoterik-Thema“, sagt der Leiter des Familienforschungsinstituts Wolfgang Mazal im KURIER-Gespräch.

„Es ist tatsächlich kaufmännisch fahrlässig, als Unternehmen nicht familienfreundlich zu sein“, sagt er weiter.

Er verweist auf eine Studie, die 400 zertifizierte familienfreundliche Unternehmen mit 400 Betrieben ohne Vereinbarkeitsmaßnahmen vergleicht. Familienfreundliche Unternehmen sind deutlich attraktivere Arbeitgeber.

Sie können etwa aus einem 26-prozentig größeren Bewerberpool wählen, haben eine 17 Prozent höhere Mitarbeiterproduktivität, 17 Prozent höhere Motivation unter den Angestellten und 17 Prozent höhere Mitarbeiterbindung.

Hinzu kommt die Kostenfrage: Wer verständnisvoll und flexibel mit Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Familien umgeht, hat um 14 Prozent geringere Wiedereingliederungskosten. Zusätzlich kommen 13 Prozent weniger Fehlzeiten, zwölf Prozent höhere Kundenbindung und acht Prozent geringere Kosten für vakante Stellen.

Immer noch Frauensache

Aber wie familienfreundlich ein Unternehmen ist, beeinflusst mehrheitlich auch die Karriere weiblicher Mitarbeiterinnen.

Denn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nach wie vor Frauensache. Es sind vor allem Mütter, die vor der Herausforderung stehen, alles unter einen Hut zu bringen. Das berufliche Engagement von Männern wird laut Statistik Austria von einer Geburt kaum beeinflusst.

Lebt hingegen ein Kind im Alter zwischen ein und 15-Jahren im Haushalt bewirkt das eine deutlich geringere Erwerbsquote der Mutter. 2020 arbeiteten 72,8 Prozent der Frauen mit Kindern unter 15 Jahren nur Teilzeit, während es bei Vätern von Kindern unter 15 Jahren nur 6,9 Prozent sind. „Das liegt aber nicht unbedingt nur an den bösen Männern“, sagt Mazal.

Rückständig?

Viele junge Väter würden sich gerne stärker in die Familienbetreuung einbringen, während Frauen gerne ihre Erwerbsarbeit steigern wollen.

„Männer erzählen unisono, dass sie im Unternehmen belächelt werden und für rückständig erklärt werden, wenn sie ihre Arbeitszeit zu Gunsten der Familie reduzieren wollen“, sagt der Familienforscher.

Der Schlüssel zur Vereinbarkeit und damit zu einer fairen Verteilung von Familienarbeit ist Verständnis und Wertschätzung des Unternehmens für die individuellen Lebenssituationen.

„Es gibt kein Patentrezept, welche Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit gesetzt werden müssen. Es gibt nur einen Königsweg“, meint Mazal. Und dieser liege in der individuellen Beurteilung, welche Maßnahmen für die jeweilige Branche, das Einzugsgebiet und die Lebenssituationen am besten passt.

Das Kräuter- und Tee- Unternehmen Sonnentor etwa, bietet ihren Mitarbeitern 150 unterschiedliche Arbeitszeitmodelle an und einen Betriebskindergarten.

Auch die GRS Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung hat einen Betriebskindergarten, bietet flexible Wiedereinstiegs- und Arbeitsmodelle.

Andere Unternehmen, wie Spitäler, ermöglichen ihren Mitarbeitern, die private Wäsche in der Firma zu waschen und Mittagessen für die Kinder mit nach Hause zu nehmen. Es kostet das Unternehmen kaum etwas und bedeutet für die Mitarbeiter enorme Entlastungen.

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