Unfälle beim autonomen Fahren: Wer haftet?

Unfall in Vösendorf
Assistenzsysteme entlasten beim Parken, übernehmen auf der Autobahn Fahrfunktionen per Knopfdruck – doch wer trägt die Verantwortung, wenn dabei ein Unfall passiert?

Zusammenfassung

  • Verantwortung bei Unfällen mit Assistenzsystemen bleibt meist beim Fahrer, da sie nicht als vollautonom gelten.
  • Autonome Systeme haben in Studien geringere Unfallzahlen als menschliche Fahrer, doch ihre Interaktion mit dem Umfeld ist ein Risiko.
  • Rechtslage für autonomes Fahren ändert sich, wie das Automated Vehicles Act in Großbritannien, das Hersteller bei Level 4 haftbar macht.

Ein modernes Fahrzeug parkt vollautomatisch mit schnellen Lenk- und Fahrmanövern aus, ohne dass ein Fahrer am Steuer sitzt – und streift dabei im Vorbeifahren einen anderen Wagen. Ein weiteres autonom agierendes Auto bremst auf der Autobahn beim Spurwechsel nicht rechtzeitig und bringt andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr. Situationen wie diese werfen eine zentrale Frage auf: Wer haftet eigentlich, wenn der Mensch die Kontrolle abgibt?

Nach der aktuellen Rechtslage in Österreich und in weiten Teilen der EU bleibt die Verantwortung bei Einparkhilfen oder automatisierten Ausparkvorgängen beim Fahrer – genauer gesagt bei dem, der den Parkvorgang per Knopfdruck oder App gestartet hat. Denn: Es handelt sich rechtlich nicht um vollautonome Systeme, sondern um Fahrassistenz. Der Fahrzeughalter oder die fahrende Person bleibt somit haftbar.

Auch im regulären Straßenverkehr gilt diese Logik bis zu einem gewissen Grad der Automatisierung. Laut der Klassifizierung der SAE (Society of Automotive Engineers) übernehmen teilautonome Systeme bis zum dritten Level zwar temporär Lenkung, Beschleunigung und Bremsen, doch der Fahrer muss jederzeit eingriffsbereit bleiben. Wird dieser Moment etwa bei einem plötzlich auftretenden Hindernis verpasst, liegt die Schuld in der Regel beim Menschen.

Waymo bietet einen selbstfahrenden Taxidienst an.

Das Google-Unternehmen Waymo bietet in den USA einen selbstfahrenden Taxidienst an.

Autonome Technik: Sicherer, aber nicht fehlerfrei

Versicherungsdaten aus den USA deuten dennoch darauf hin, dass autonome Systeme grundsätzlich sicherer agieren, als menschliche Fahrer. Eine gemeinsame Studie vom Google-Robotaxi-Dienst Waymo in den USA und dem Rückversicherer Swiss Re kam zu einem eindeutigen Ergebnis: Bei über 25 Millionen gefahrenen Meilen sank die Zahl der Sachschäden um 88 Prozent, die der Personenschäden um 92 Prozent im Vergleich zu Fahrzeugen mit menschlichem Fahrer, wie The Verge berichtet.

Eine Auswertung des Portals Luxwisp weist allerdings darauf hin, dass die Unfallrate autonomer Fahrzeuge im Schnitt bei 9,1 Unfällen pro einer Million Meilen liegt, bei klassischen Fahrzeugen liegt sie vergleichsweise bei 4,1. Dies liege oft weniger am System, als an der Interaktion mit unvorhersehbaren menschlichen Verkehrsteilnehmern oder an der Umgebung, auf die das System nicht trainiert war.

Rechtliche Rahmenbedingungen im Wandel

In Großbritannien sorgt seit 2024 das sogenannte Automated Vehicles Act für neue Klarheit: Dort ist hochautomatisiertes Fahren auf Level vier offiziell erlaubt. In diesem Fall übernimmt nicht mehr der Fahrer, sondern die jeweilige Instanz wie der Fahrzeughersteller oder Softwareanbieter die Haftung. Die britische Regierung will damit bis 2026 die Serienreife autonomer Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen ermöglichen, wie The Times berichtet.

Auch in der EU tut sich etwas: Seit Juli 2022 ist die Vehicle General Safety Regulation in Kraft. Sie schreibt bestimmte Fahrerassistenzsysteme vor und regelt technische Voraussetzungen für automatisiertes Fahren. Allerdings bleiben allerdings viele Details, vor allem zur Haftung, auf nationaler Ebene offen. Laut einem Bericht des Europäischen Parlaments werden daher in den nächsten Jahren weitere Richtlinien folgen, um das Thema Produkthaftung bei selbstfahrenden Autos eindeutig zu klären. Einige Hersteller haben bereits reagiert: Volvo kündigte beispielsweise an, bei bestimmten Systemen ab Level 4 die volle Verantwortung zu übernehmen.

Kommentare