Porsche 959: Begegnung mit einem Traumauto der 80er

Porsche 959
Porsche feiert 40 Jahre 959. Wir durften das Auto fahren und Walter Röhrl, seinerzeit an der Entwicklung beteiligt, erzählt von der Arbeit am Supersportwagen der 80er.

Zusammenfassung

Vor 40 Jahren wurde auf der IAA die Serienversion des Porsche 959 präsentiert.

Der Porsche galt neben dem Ferrari F40 als absolutes Traumauto der ausklingenden 80er-Jahre.

Heute werden für 959 Preise von weit über 1 Million Euro erzielt.

In der zweiten Hälfte der 1980er-Jahren plagten kaufkräftige Autosammler und junge (weniger zahlungskräftige) Autonarren dieselben Probleme: Welches Auto ist denn der bessere Supersportwagen? Der Porsche 959 oder der Ferrari F40? Erstere mussten auf die Zuteilungen durch das Werk hoffen, um dann schwindelerregende Summen auf den Tisch legen zu dürfen, für zweitere blieb das Poster an der Wand des Kinderzimmers.

In den 1980er-Jahren wurden die Grenzen für leistungsstarke Sportwagen verschoben. Porsche präsentierte 1985 den 959, zwei Jahre später brachte Ferrari den F40. Sportwagen, die zu echten Ikonen werden sollten und die damals für offene Münder sorgten, wenn man die Eckdaten studierte.

Porsche hatte mit seinem Projekt Anfang der 80er begonnen und zeigte schon 1983 eine erste Studie. Ziel war die damalige Gruppe B, für die man zwecks Homologation 200 straßentaugliche Exemplare verkaufen musste. Die Gruppe B in der Rallye-WM wurde 1986 verboten. Porsche gewann 1986 mit dem 959 noch die Rallye Dakar und brachte die Serienversion des 959 als Technologieträger und Sportwagen mit noch nie dagewesenen Daten auf den Markt.

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Präsentation der Studie "Gruppe B". Herbert von Karajan war dabei und war einer der ersten Kunden für den 959.

„Das Auto war ein technisches Wunderwerk“, sagt uns einer, der es wissen muss und der in die Entwicklung eingebunden war – Walter Röhrl. Der zweifache Rallye-Weltmeister war damals noch bei Audi unter Vertrag, wurde aber von Porsche immer wieder herangezogen. Vor allem, wenn es darum ging, Tests bei hohen Geschwindigkeiten zu fahren. "Da brauchen wir Sie!" hatte der damalige Entwicklungsvorstand Bott immer wieder erklärt. „Wir haben die Erfahrungen mit dem Allrad aus dem Rallyesport nutzen können, es war aber ein anderes System mit variabler Kraftverteilung. Das hatten unsere Rallyeautos nicht“, sagt uns Walter Röhrl.

Porsche 959

Walter Röhrl bei der Testarbeit in Weissach

„Der 959 hatte ein elektronisch gesteuertes Allrad-System, dazu kamen Registeraufladung und die Aerodynamik. Man hat einfach alles in ein Auto gepackt.“ Zudem hatte der Porsche z.B. ABS, vier vorwählbare Stoßdämpfer-Programme, Reifendruckkontrollsystem und eine geschwindigkeitsabhängige Niveauregulierung.

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Anlässlich der IAA im Jahr 1985 war es soweit und Porsche präsentierte das fertige Serienauto. 420.000 DM verlangte Porsche für den 959 damals, eine aberwitzige Summe – was aber die Schönen und Reichen der Welt nicht davon abhielt, zu bestellen. Herbert von Karajan, Martina Navratilova, Bill Gates (auch wenn das Auto seinerzeit keine Zulassung für die USA hatte), um nur einige zu nennen, kauften so ein Auto. 292 Stück, so die Auskunft von Porsche, wurden insgesamt produziert. Die Kunden hatten die Wahl zwischen der Komfort-Ausstattung und der Sportversion S, wobei letztere damals weniger gefragt war. Vom Sport wurden nur 29 Exemplare ausgeliefert.

Ausfahrt mit dem Wundertier

Porsche überlässt uns für eine Ausfahrt rund um Stuttgart einen 959 Sport. Sport heißt unter anderem weniger Gewicht, ein paar Goodies weniger (kein rechter Außenspiegel, Fensterheber zum Kurbeln), aber dafür mehr PS. 515 PS leistet der Sechszylinder-Boxermotor mit Aufladung durch zwei Turbolader. Der Komfort hatte 65 PS weniger. Die Fahrleistungen sind heute noch entsprechend Ehrfurcht gebietend, in den 1980er-Jahren war das wie von einem anderen Stern: 0 auf 100 km/h in unter 4 Sekunden, Spitze 339 km/h.

Jörg Bergmeister, ehemaliger deutscher Rennfahrer und nun Test- und Entwicklungsfahrer für Porsche, hatte erst vor Kurzem die Gelegenheit, einen 959 zu fahren. „Oft hat man an die Traumautos von einst besonders hohe Erwartungen und wird dann enttäuscht. Beim 959 war das nicht der Fall“, erzählt er uns und trifft sich dabei mit unserer Erfahrung.

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Der 959 ist auch 40 Jahre später eine faszinierende Fahrmaschine. Ein paar Schrullen lernen wir gleich kennen. Das Getriebe hat einen kurz übersetzten ersten Gang (beschriftet mit G, wobei G für Gelände steht) zum Losfahren, dann schaltet man in den 1.Gang, der dann eigentlich der Zweite ist. Und die Kupplung kommt spät, hat man uns noch vorgewarnt. Hat man sich mit den Eigenheiten angefreundet, fährt sich der 959 völlig problemlos und ist keine zickige Diva. Wir rollen entspannt durch den Stuttgarter Stadtverkehr und fahren aufs Land. Die Lenkung erfordert keinen übermäßigen Kraftaufwand, die Bremsen – sowieso immer eine Porsche-Paradedisziplin – sind gut zu dosieren. Bis auf den fehlenden rechten Außenspiegel gibt es auch an der Übersichtlichkeit nichts auszusetzen.

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Wenn man Gelegenheit hat, aufs Gas zu steigen, wird klar, warum der Porsche als Supersportwagen seiner Zeit galt. Sobald der Motor über 4000 Touren dreht, wird man in den Sitz gedrückt und die Straße vor einem wird schlagartig schmäler. Eben die 1980er und das Zeitalter der Turbos, die noch heftig einsetzten.

So positiv der 959 für das Image der Marke Porsche war, wirtschaftlich war das Projekt wegen der ausufernden Entwicklungskosten kein Erfolg. Heute werden 959 zu Preisen von über 1 Million gehandelt. Bei der letzten Versteigerung von RM Sothebys wurde ein 959 für 2 Millionen Dollar (also rund 1,73 Mio. Euro) versteigert.

Zum Abschluss nochmals Walter Röhrl über den 959: „Man hat damals viel gelernt für die nächsten Projekte. Es ist einfach ein unglaubliches Auto“.

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