Mama mobil: Mit den Kindern zu Barbies Lehrstück über Frauen am Steuer
Wien Mitte. Es ist 19 Uhr 30, es ist Dienstag, es regnet. Und ich stehe vor einem Problem, das ich nie im Leben erwartet hätte: Der neue Barbie Film ist ausverkauft. In OV! Wo kommen all diese Menschen her? "Mama, warum können wir nicht rein!", der Ton ist vorwurfsvoll. Barbie lächelt uns aus ihrer 1956 Corvette Stingray Cabriolet vom Plakat aus zu und scheint zu sagen: Los!
Also gut, Mama ist mobil und wirft die Suchmaschine aus der Hosentasche an. Es gibt ja noch mehr Kinos. Fünf weitere „Ausverkauft“-Nachrichten später spurten wir los. Zur Schnellbahn. Denn im Cineplexx in der Millennium City, da gibt es tatsächlich noch Plätze. Rennt Mädels! Barbie muss man anscheinend gesehen haben - warum auch immer. Ehrlich gesagt habe ich mich vorab nicht groß über den Film informiert. Ein Fehler.
Der Zweite folgt gleich. Schnellbahnen waren und sind mir schon öfter ein Rätsel gewesen. Dass es Richtung Floridsdorf gehen muss, ist klar. Aber bleibt der REX, in den wir gesprungen sind, am Handelkai in 1200 Wien stehen? Der Zug ist zwar herrlich sauber und top-modern, aber Info über die Haltestellen? Fehlende Anzeige. Am Handy nachschauen geht nicht, da müssen ja die Kino-Tickets gebucht werden. Dass man dem Nachwuchs ein eigenes Gerät fürs Selberrecherchieren versagt, kommt gerade nicht gut an.
Als gelernte Wienerin schafft man es trotzdem zur gewünschten Station, im Laufschritt zum Cineplexx und wieder das gleiche Bild: Die wartende Schlange vor dem Einlass ist riesig! Was ist das mit dem Film? Hat der Hype seine Berechtigung? Schließlich dürfen wir hinein. Und landen: In einem unerwarteten Lehrstück über weibliche Mobilität.
Popkorn-bewaffnet tauchen wir ein in Barbies Plastik-Welt, in der - wie wir bald merken - ernste gesellschaftliche Fragen pink verpackt sind. Auch ein Thema greift Greta Gerwigs filmische Neuinterpretation der ikonischen Spielzeugpuppe auf: Weibliche Mobilität.
Denn Barbie, fahrtechnisch kann sie was.
Nicht nur lenkt sie ihre pinke Corvette, die natürlich keinen Motor hat (das wäre doch einmal umwelttechnisch eine Lösung!) trotz Schrittgeschwindigkeit und Megaunfall mit der allergrößten Kompetenz. Wenn es sein muss auch freihändig. Barbie fährt auch stärker Motorisiertes mit beeindruckender Selbstverständlichkeit. Mit ruhiger Hand und selbstbewusstem Gesicht steuert sie ein Motorboot, einen Motorschlitten, ein Wohnmobil und ja - sogar eine Rakete. Der liebe Ken muss auf die Rückbank. Auf der Rakete darf er sich selbstverständlich ängstlich an seine starke Fahrerin klammern.
Barbie hat nicht nur die Gefährte im Griff, sie weiß auch, wo sie hin will: In die Realität.
Und die Realität, das ist eine, wo sich Frau noch heute - und ihre Tochter wohl morgen - Sprüche wie "Frau am Steuer, das wird teuer" anhören muss. Eine Welt, in der Männer ganz oft das Lenken übernehmen, weil sie "das eben können". Eine Welt, in der sich viele Frauen am Steuer unsicher fühlen, weil "das eben so ist." All die Studien, die besagen, dass Frauen die sichereren Autofahrer sind, sie helfen nicht.
Natürlich, der ganze Streifen ist Klischeé, sarkastisch bedient und er polarisiert. Aber trotzdem: Es tut gut, dass die Kinder hier sehen, dass gekonntes Lenken von Fahrzeugen - und der Spaß daran - nichts mit dem Geschlecht zu tun hat. Die „Du kannst das“-Botschaft kommt an. Gerwigs hat sie allen Unkenrufen zum Trotz auffällig unauffällig in Plastik verpackt.
Teresa Richter-Trummer ist eigentlich am liebsten mit eBike oder Vespa unterwegs - fährt Hund und Kindern zu Liebe aber gerne auch Auto und Zug. Für größere Partien darf sie sogar ans LKW-Steuer. Gerne würde sie Motorboote lenken, aber das kommt erst.
Haben Sie Fragen zur Mobilität mit Kindern? Die Motor-Journalistin ist studierte Entwicklungs-Psychologin und geht gerne darauf ein. teresa.richter-trummer@kurier.at
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