Ford Mustang Mach-E: Elektro-SUV zu Kampfpreisen
Zum ersten Mal seit 55 Jahren wird unter dem Label der Sportwagen-Ikone von Ford ein zweites Modell lanciert. Und der Mustang Mach-E vereint die beiden aktuellen Mega-Trends der Auto-Branche in sich. Er ist ein sportliches SUV und gleichzeitig ein Elektroauto.
Dabei war es zunächst gar nicht klar, dass die Geschichte so ausgehen wird. Als die Führungsetage in Dearborn die Entwicklung eines neuen Modells mit batterie-elektrischem Antrieb in Auftrag gab, dachte man noch an ein „Compliance Car“, also ein Elektroauto, dass man aufgrund der neuen Entwicklungen in einem Teil der weltweiten Märkte eben bauen musste, dass sich aber nicht sehr weit von dem absolut Notwendigen entfernen sollte.
Erst mitten im Entwicklungsprozess änderte man radikal die Richtung, um mit den inzwischen im Segment der Luxus-E-Autos allerorts aufpoppenden Modellen der Konkurrenz mithalten zu können. Dabei war schnell klar, dass der Neue nur ein Mustang-Label tragen könne. Mehr Emotion hat Ford schließlich nicht zu bieten.
Und den Designern ist mit dem Mustang Mach-E in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit eine durchaus ansehnliche Mischung aus SUV und Sportwagen gelungen, welche den unmittelbaren Konkurrenten wie dem Jaguar I-Pace oder dem Audi E-Tron auf Augenhöhe gegenübertritt.
Bei einer ersten ausführlicheren Beschnupperung im Vorfeld der großen Enthüllungs-Show mit Bill Ford und Hollywood-Star Idris Elba am Sonntagabend, zu der Ford eine handverlesene Schar von Fach-Journalisten geladen hatte, zeigte sich, dass der Mustang Mach-E kein Schnellschuss, sondern ein bis in viele kleine Details durchdachtes Auto ist.
Antrieb Hier setzt man ganz nach dem Mustang-Prinzip auf mehrere Ausbaustufen. Die Basisversion mit Heckantrieb leistet 190 kW/258 PS mit einer 75,7 kWh-Batterie, die für rund 450 km Norm-Reichweite nach WLTP sorgen soll.
Mit der stärkeren Batterie (98,8 kWh) und 210 kW / 285 PS Leistung will man mit Heckantrieb rund 600 km weit kommen.
Der Mustang Mach-E mit Allradantrieb durch zwei E-Motoren mit kombiniert 190 kW / 258 PS bzw. 248 kW / 337 PS soll 420 bzw. 540 km WLTP-Reichweite bieten.
Oben drauf wird wie beim Benziner-Mustang eine alltradgetriebene GT-Version gesetzt, die mit der stärkeren Batterie stolze 342 kW / 465 PS Leistung abliefert und rund 500 km Reichweite bieten soll. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h wird dabei in unter 5 Sekunden erledigt.
Ladung Die 288 bis 376 Lithium-Ionen-Zellen der Batterie (je nach deren bestellter Größe) können mit allen derzeit verfügbaren Steckern und Systemen geladen werden (Ein- und Drei-Phasig). In Europa nutzt Ford - wie etwa auch Porsche - das Ionity-Netzwerk, bei dem man als Hersteller gemeinsam mit anderen ja wirtschaftlich eingestiegen ist und wo Schnelladung mit bis zu 150 kW möglich sind. Das System des Mustang Mach-E ist mit dem aufgewerteten FordPass-Connect darauf ausgelegt, dass die Ladesäulen via dem Stecker das Auto erkennen und die Bezahlung automatisch über die vom Fahrer hinterlegten Daten abgewickelt wird. Wie weit dies in der europäischen Praxis möglich sein wird, muss sich allerdings erst noch zeigen.
Abmessungen Mit einer Länge von 4712 mm hat man der Versuchung widerstanden, den Mustang Mach-E rein auf US-Verhältnisse auszulegen. Dafür spricht auch die Breite von 1881 mm. Die Höhe von 1597 mm konnte von den Designern optisch gut kaschiert werden. Zumindest im Umfeld amerikanischer Straßen kommt er eher unauffällig daher, was die Masse der Statur angeht. Dazu trät auch die durch den langen Radstand von 2984 mm gestreckte Silhouette bei. Für die Europa-Kompatibilität des Mustang Mach-E spricht auch sein Wendekreis von vergleichsweise schlanken 11,6 Metern.
Als besondere Spezialität bietet der Mustang Mach-E nicht nur zwei Kofferraum-Abteile, das vordere hat auch eine spezielle Funktionalität zu bieten. Die 100 l Ladekapazität bietende Mulde unter der Fronthaube kann ähnlich wie das Kellerabteil im kommenden Ford Puma dank eines Wasserresistenten Belags und einer Ablass-Schraube am Ladeboden einfach mit dem Schlauch ausgespritzt werden.
Als mögliche Nutzung des Front-Abteils haben potentielle US-Kunden bei Vorab-Befragungen dieses übrigens als überdimensionalen Eiswürfel-Behälter für die beliebte Parkplatz-Party vor Football-Spielen gesehen. Worauf die Ford-Entwickler sicherheitshalber gleich zwei Becherhalter mit eingebaut haben.
Cockpit Beim ersten Probesitzen hat sich gezeigt, dass die Ford-Leute zu Recht stolz sind auf die große Kopffreiheit auch in der zweiten Reihe. Für kürzere Strecken geht der Mustang Mach-E auch als Fünfsitzer für Erwachsene durch.
Optisch wird das Cockpit von dem mächtigen 15,5-Zoll-Touchscreen in der Mitte des Armaturenträgers dominiert. Der setzt zwar die von Tesla angezettelte Manie fort, einen aufgestellten Tablet-Computer als Bedienungs-Interface zu platzieren, geht dabei aber einen entscheidenden Schritt weiter und kombiniert diesen mit einem großen und gut zur Hand liegenden analogen Drehrad, mit dem etwa die Lautstärke eingestellt werden kann.
Wie man überhaupt darauf bedacht war, die für den Fahrbetrieb wichtigen Informationen von den Infotainment-Daten auch optisch eindeutig zu trennen. Während letztere über den zentralen Bildschirm abgerufen werden (und durch Anzeige-Kacheln mit möglichst wenigen Untermenüs dargestellt werden sollen), finden sich die Geschwindigkeit, Reichweite etc. nur auf dem kleineren Monitor direkt vor dem Lenkrad.
Digitale Welt Als Kind seiner Zeit ist der Mustang Mach-E natürlich nicht nur mit den aktuellsten Fähigkeiten auf diesem Gebiet gesegnet (volle Vernetzung, kabellose Smart-Phone-Anbindung, integrierte Online-Navigation, Smartphone als Autoschlüssel), er ist auch auf Online-Upgrades vorbereitet. So sollen in Hinkunft nicht nur weiterentwickelte Infotainment-Funktionen direkt ins Bordsystem gespielt werden können, auch der Eingriff in die digitale Steuerung von Fahrfunktionen wird möglich sein. Entweder, weil sich der Kunde erst später entschließt, eine gewisse Funktion doch nutzen zu wollen, oder weil ein Upgrade dafür verfügbar ist.
In Fahrt Auf einer ersten Probefahrt auf dem Beifahrersitz eines noch getarnten Entwicklungs-Modells des Mustang Mach-E auf kalifornischen Straßen zeigte sich, dass sich die Mühen der Sound-Designer gelohnt haben, aus ihm auch akustisch einen echten Mustang zu machen. Und dies ohne platter Synthesizer-Wiedergabe des klassischen V8-Sounds, sondern mit einer der Situation angepassten Klangwolke, die sich auch nur im Sport-Modus entsprechend aufbaut. Will man es ruhiger angehen und einfach nur mit dem Berufsverkehr mitschwimmen, hält sich der Antrieb akustisch weitgehend zurück, ohne jedoch das sonst bei E-Autos so leicht durchdringende hohe Straßenbahn-Geräusch zu generieren.
Vermarktung Bereits unmittelbar nach der Enthüllung des Mustang Mach-E konnte man sich auf der Ford-Homepage gegen Bezahlung einer Gebühr für eines der limitierten First-Edition-Modelle anmelden. Bekommen werden es europäische Kunden aber nur, wenn sie in einem jener Märkte wie Großbritannien, Deutschland, Norwegen oder der Schweiz zu Hause sind, in denen der Mustang Mach-E schon im letzten Quartal nächsten Jahres angeboten wird.
Da Österreich nicht zur Start-Staffel dazugehört können sich potenzielle Kunden hierzulande noch entspannen. Vor 2021 wird es wohl keinen Mustang-Mach-E mit österreichischer Nummerntafel geben.
Wieviel man bis dahin auf die Seite gelegt haben soll, darüber gibt die für Deutschland vorgesehene Preispositionierung Auskunft. Und die kann mit Fug und Recht unter der Bezeichnung Kampfpreise geführt werden. So soll der Einstieg in die Welt des Mustang Mach-E bei € 46.900,- liegen. Was ihn im Vergleich zu den europäischen Konkurrenten in dieser Liga zum Schnäppchen macht.
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