Bentley Flying Spur: Die Gretchenfrage nach Bentley
Die Macher von Bentley ziehen sich gleich elegant aus der Affäre. Der neue Flying Spur ist ein Auto, um selber zu fahren oder gefahren zu werden. Heißt: Die entscheidende Frage, ob der Chef selber fährt oder der Chauffeur ans Steuer darf, müssen sich die beiden untereinander ausschnapsen.
Tatsächlich liefert der neue Bentley Flying Spur ausreichend Argumente dafür, selber das Volant zu übernehmen. Aber der Reihe nach. Die Geschichte des noblen Bentley beginnt Ende der 50er-Jahre mit dem S1 Continental Flying Spur, der seinerzeit die fürstliche Summe von 8.034 britischen Pfund kostete. Der Name „Flying Spur“ leitet sich übrigens vom Wappen des Design-Direktors Arthur Talbot Johnstone, der dem schottischen Grenz-Clan der Johnstones entstammt, her – einem Reitersporn mit Flügeln.
W12-Motor
Stichwort „die Sporen geben“. Der Flying Spur basiert, wie das Vorgängermodell, technisch auf dem Continental GT. Jedenfalls profitiert der neue Flying Spur von einer neuen Plattform samt leichterer Alu-Karosserie und längerem Radstand. Unter der Motorhaube steckt der bekannte W12-Twin-Turbo mit sechs Litern Hubraum. Die Leistung beträgt 635 PS. Um Sprit zu sparen, schaltet die Motorelektronik sechs der 12 Zylinder weg, wenn sie nicht gebraucht werden.
Davon merkt der Fahrer natürlich gar nichts. Mit dem Flying Spur gleitet man mehr durch die Lande als zu fahren. Vom Kraftwerk unter der Haube ist dabei praktisch nichts zu hören – egal, ob das Ding jetzt mit 12 oder sechs Zylindern rennt. Ein Tritt aufs Gaspedal und die Kraft presst einen schlagartig in den Sitz. Auf 100 km/h beschleunigt der Bentley in unter 4 Sekunden und die Spitze geben die Briten mit 333 km/h an.
Die Anstrengungen des Motors und der vorbeirauschende Wind werden dabei so gut weggedämmt, dass man die zunehmende Geschwindigkeit eigentlich nur über den Tacho oder die schmäler werdende Straße vor einem wahrnimmt. Versäumnisse der Straßenmeistereien dieser Welt werden von Bentleys Dynamic Ride Fahrwerk weggefiltert, wobei dieses nun mit Hilfe eines 48-Volt-Systems arbeitet.
Der Bentley Flying Spur also ein Auto nur fürs Geradeausfahren? Mitnichten. Die Techniker haben dem Auto jede nur erdenkliche elektronische Unterstützung mitgegeben. Vor allem hat der neue Flying Spur nun Allradlenkung, die das Auto weitaus dynamischer um die Kurven fahren lässt, als man es von einem 5,3-Meter-Schiff erwarten würde. Klar, die Lenkung bleibt auf der weichen, indirekten Seite, dennoch lässt sich der Flying Spur präzise dirigieren. Wie gehabt wird die Kraft mittels Allrad einigermaßen manierlich auf die Straße übertragen und für die Feinabstimmung stehen mehrere Fahrmodi zur Verfügung.
So gibt es auch einen Sportmodus (so man das wünscht), der von uns favorisierte Modus heißt aber Bentley-Mode, der dem Auto jene Charakteristik gibt, von der die Ingenieure in Crewe meinten, dass die am besten passt – und sie haben wahrlich ein gutes Händchen.
3-D-Leder
Im Interieur präsentiert sich der Flying Spur so, wie man sich einen Bentley erwartet. Alles, was nach Holz aussieht, ist Holz, alles was nach Metall aussieht, ist Metall. Natürlich kann man sich diverse Holz-Lederkombinationen anpassen lassen, wobei man ein neues Leder-Deko in 3-D-Optik kreiert hat. Das ist weniger flauschig als erwartet, nächstes Jahr gibt“s auch ein Holz-Deko in 3-D-Optik, da wird man sich ohnehin nicht reinkuscheln wollen. Bekannt aus dem Continental GT ist das rotierende Display, das sich wahlweise vom unvermeidlichen Touchscreen in eine Dreierkombination aus klassischen Anzeigen oder einfach eine Wand aus Holz verwandelt. „Digital Detox“ heißt das bei den Briten.
Mutieren lässt sich auch der Auftritt des Bentley nach außen hin. So kann man die Flying B Kühlerfigur mit beleuchteten Flügeln ausstaffieren und sie auf Knopfdruck versenken.
Bei der Aktivierung der Launch Control für den Rennstart, die der neue Flying Spur nun ebenfalls hat, sind wir wieder beim Thema Fahren oder Gefahrenwerden und wie viel Tolldreistigkeiten sich der Chauffeur herausnehmen darf.
Der genaue Preis steht noch nicht fest, liegt aber bei 180.000 Euro ab Werk ohne Steuern. Die Auslieferungen starten Anfang 2020.
Kommentare