Aston-Martin-CEO Moers im ersten Gespräch über die Zukunft der Marke

Aston-Martin-CEO Moers im ersten Gespräch über die Zukunft der Marke
Warum Lagonda auf Eis gelegt bleibt, es ohne Elektroauto nicht mehr geht und die Formel 1 für Aston Martin so wichtig ist

Im 9. Monat hat er jetzt sein Schweigen gebrochen. Tobias Moers, im Oktober des Vorjahres als neuer CEO zur strauchelnden Sportwagenmarke Aston Martin geholt, ließ sich vor kurzem in Round-Table-Gesprächen mit ausgesuchten internationalen Fach-Journalisten erstmals in die Karten blicken.

Der deutsche Ingenieur, der seit 2013 die Geschicke der Marke AMG des Daimler-Konzerns geleitet hatte, soll nach dem Willen des neuen starken Mannes bei Aston Martin, 25%-Eigentümer Lawrence Stroll, aus der zuletzt starke Verluste schreibenden Marke ein profitables Unternehmen machen. Dabei helfen soll auch die Unterstützung von Daimler, wo man sich entschlossen hat, die Beteiligung an Aston Martin schrittweise auf bis zu 20 % auszubauen - und dafür nicht mit Geld, sondern mit Technologie zu bezahlen.

Spekulationen, die Briten könnten damit zu einem aus Stuttgart gesteuerten AMG-Ableger werden, zerstreut Tobias Moers gleich mit einer klaren Ansage: "Wie sind kein Teil von Daimler. Die halten in Hinkunft einen Anteil von 20 % an uns - mehr nicht!"

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Aston Martin Vantage Roadster

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Aston Martin DB 11

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Aston Martin DBS Superleggera

Und der sollte in absehbarer Zeit auch wieder wesentlich mehr wert sein, als derzeit. Damit sich Absatz und Gewinn steigern lassen, braucht es laut Moers nicht nur eine neue Modellpalette, sondern vor allem drastische Verbesserungen was die Effizienz in der Produktion angeht. Was Moers da zu Gesicht bekam, als er erstmals das Stammwerk in Gaydon und das extra für die Produktion des ersten Aston-Martin-SUV namens DBX errichtete neue Werk in Wales besuchte, löste bei ihm gleich einmal starke Umorganisations-Reflexe aus. Moers über deren Dimension: "Da wurden etwa bei der Sportwagenproduktion in Gaydon auf 2 verschiedenen Linien mit in Summe 70 Stationen pro Linie 15 bis 20 Autos pro Tag gebaut."

Ergebnis der Umstellungen der Produktions-Organisation, die seit kurzem aktiv sind: "Jetzt machen wir auf einer Linie 23 Autos pro Tag."

Das bedeutet nicht nur geringere Stückkosten, sondern auch, dass man mit weniger Mitarbeitern mehr Autos bauen kann als bisher. Was zwangsläufig zu Personalabbau-Maßnahmen geführt hat. Moers: "Es sind schon rund 500 Mitarbeiter weniger und wir sind da leider noch nicht ganz durch mit dem Programm. Aber wir machen das nicht, weil wir etwa Menschen durch Roboter oder Maschinen ersetzen. Sondern einfach weil wir effizienter produzieren."

Zweiter Punkt, an dem Moers mit seinem Turnaround-Plan sofort ansetzen konnte: "Als ich gekommen bin, hatten wir rund 3.000 Autos in der Pipeline." Mit anderen Worten: Fast eine Jahresproduktion stand unverkauft verteilt über die Welt auf Halde. Mittlerweile ist man auf 1.000 Stück heruntergekommen, was man laut Moers auch an den jetzt zu erzielenden höheren Preisen merkt.

Die Elektrifizierung startet

Etwas längerfristig wird ein anderes wichtiges Thema zu bearbeiten sein: Die Elektrifizierung der Produktpalette. Dabei gibt sich Moers pragmatisch und erteilt den von seinem Vorgänger noch gehegten Plan, aus Lagonda eine Marke für reine Luxus-Elektroautos zu machen, eine Absage. Dass Lagonda somit weiter auf Eis gelegt bleibt, hat strategische und wirtschaftliche Gründe. Moers: "Um aus Lagonda den E-Brand von Aston Martin zu machen, wäre viel zu viel Markting-Power nötig." Wie er grundsätzlich wenig davon hält, eigene Submarken für Elektroautos zu erfinden, was viele Massenhersteller gerade machen. Moers: "Das macht auf Dauer keinen Sinn. Der Reißverschluss zwischen Hauptmarken und den speziellen E-Auto-Marken wird zugehen müssen."

Moers, der in seinem früheren Job die gesamte Elektrifizierungs-Strategie für AMG orchestriert hat, sieht daher künftig nur Modelle von Aston Martin mit Elektromotoren an Bord. Auch wenn er der Überzeugung ist, dass man als Luxusauto-Hersteller bis Mitte des Jahrzehnts zumindest ein reines Elektroauto im Angebot haben muss, sind von Moers keine Ansagen zur vollkommenen Verbannung von Verbrennungsmotoren zu hören. Moers: "So weit wie Jaguar (wo man ab 2030 nur mehr rein elektrische Antriebe anbieten will) würde ich heute noch nicht gehen. Aber es wird eine DBX-Variante als Plug-in geben.

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Aston Martin Valhalla

Mittelmotor-Sportwagen wie den künftigen Valhalla gibt's nur mehr mit Plug-in-Antrieb

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Aston Martin DBX

Der DBX wird der erste Aston Martin mit Plug-in-Antrieb

Und ein Mittelmotor-Sportwagen geht in Zukunft nur noch als Plug-in. Da redet man dann über elektrifizierte Vorderachsen als Allradantrieb und über Elektrifizierung von Motor und Getriebe."

Da die Pläne, eine Variante des viersitzigen Rapide als rein elektrische Limousine für den chinesischen Markt auf die Räder zu stellen, schon von seinem Vorgänger wieder eingestellt wurden, sehen die Pläne von Moers den ersten Aston Martin mit nur aus Batterien gespeisten E-Antrieb erst gegen 2025 oder 2026 vor. Das wird dann eines der Nachfolgemodelle der aktuellen Sportwagen-Palette von Vantage bis DBS in sein. Diese müssten gegen Mitte des Jahrzehnts ohnehin abgelöst werden, "und da kann man dann schon davon ausgehen, dass das elektrisch wird."

Bis zu 10.000 Autos pro Jahr

Wenn das Werkl dann wieder so läuft, wie geplant, können man bis zu 10.000 Autos in den eigenen Werken produzieren. Auf die Frage, ob er es sich grundsätzlich vorstellen könne, Teile der Produktion etwa wieder an Magna-Steyr auszulagern, wie man es mit dem Rapide ja schon einmal gemacht habe, kommt Moers ins Schmunzeln. "Sollten wir tatsächlich das Problem bekommen, mit unserer Produktionskapazität nicht mehr auszukommen, dann hätten wir sehr viele noch zu lösende Themen bereits überstanden." Nachsatz: "Dann werde ich im Notfall bei Magna anrufen."

Schließlich zeigt der neue Chef noch einen sehr pragmatischen Zugang zum Thema Formel 1. Dass man mit dem eigenen Team derzeit noch nicht dort sei, wo man hinwolle, sei unbenommen. Dennoch sei das Engagement in der Formel 1 "für die weltweite Markenwahrnehmung unschlagbar."

Und letztlich koste das eigene Team sogar weniger, als früher das reine Sponsoring des Red-Bull-Rennstalls.

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