Honda NT1100: Reisen wie die Profis

Eine silberne Honda NT1100 steht vor einer Berglandschaft im Nebel.
Crossover für Liebhaber der langen Strecken: Mit viel Komfort, Stauraum und hervorragendem Windschutz wagen die Japaner einen Neubeginn in der Mittelklasse

Crossover-Konzepte stehen momentan hoch im Kurs. Die Verschränkung aus den Eigenschaften verschiedener Gattungen durchbricht klassische Muster und bringt auf diese Weise neue Spannung in die Motorradwelt. Wurden zuletzt vornehmlich Naked Bikes mit Reiseenduro-Attributen verschmolzen, so geht Honda bei der neuen NT1100 einen anderen, man könnte sagen: umgekehrten Weg.

Hier dient nämlich eine Reiseenduro als Ausgangsbasis: die legendäre Africa Twin. Durch eine kluge Reduktion der Federwege auf immer noch stattliche 150 Millimeter vorne und hinten, dem Verzicht auf Offroad-Fähigkeiten und -Attitüden sowie der Hinzunahme typischer Touren-Accessoires wird aus der hochbeinigen Abenteurerin ein moderner Reisebegleiter, der sich punktgenau in der lange Zeit verwaisten Mittelklasse ansiedelt.

Technik-Übernahme

Ein silbernes Honda-Motorrad steht vor einer Betonwand mit Bergen im Hintergrund.

Eine silberne Honda NT1100 vor einer Berglandschaft mit Wolken.

Eine silberne Honda NT1100 steht vor einer Berglandschaft im Nebel.

Detailaufnahme des Lenkers einer Honda NT1100 mit Bedienelementen und Spiegel.

Detailansicht des Sitzes und der Gepäckboxen einer Honda NT1100.

Das Vorderrad eines Honda NT1100 Motorrads mit Bremsscheibe und Reifen.

Das Cockpit einer Honda NT1100 mit Android Auto-Display zeigt Apps wie Maps und YouTube Music.

Das Cockpit einer Honda NT1100 mit Android Auto-Display und digitalem Tachometer.

Das Display einer Honda NT1100 zeigt den Urban-Modus und 0 km/h an.

Ein geöffneter, schwarzer Topcase-Koffer auf einem Honda NT1100 Motorrad.

Ein graues Honda NT1100 Motorrad steht auf einem hellgrauen Hintergrund.

Detailansicht einer grauen Honda NT1100 mit Dual Clutch Transmission.

Zwei Personen fahren mit einem Honda NT1100 Motorrad auf einer Waldstraße.

Die technische Basis ist also bekannt: Rahmen und Motor werden nahezu ohne Abstriche übernommen. Das ist kein Fehler, denn der große Reihen-Zweizylindermotor mit 102 PS und 104 Newtonmeter an maximalem Drehmoment passt auch perfekt für ein Tourenbike. Kleine Anpassungen führen dazu, dass er akustisch dezenter auftritt, was sich ebenfalls gut zum erwachsenen, souveränen Charakter der NT1100 fügt.

Der Regalgriff zu diesem Motor erlaubt es außerdem, auch hier Hondas einmaliges Doppelkupplungsgetriebe DCT als Option anzubieten. Um 1200 Euro Aufpreis ermöglicht es Hochschalten ohne Zugkraftunterbrechung und je nach Fahrmodus manuelle oder automatisierte Gangwechsel.

Leider bleibt Honda bei seiner defensiven Auslegung der Schaltzeitpunkte im Standardmodus „D“. Das System schaltet so früh hoch, dass man in niedrigen Drehzahlen oft ein erbarmungswürdiges Schütteln des Motors provoziert; besser harmonieren die Schaltvorgänge im Modus S1, wobei das DCT generell eher zu einem flüssigen, runden, relaxteren Fahrstil passt.

Auf diese Weise kommt man auch auf gute Verbrauchswerte rund um die 5-Liter-Marke, die in Verbindung mit dem 20,4-Liter-Tank tourengerechte Reichweiten ermöglichen sollten: bis zu 400 Kilometer, wenn man brav gleitet und sich risikofreudig an die Grenzen der Reserve herantastet.

Reise-Komfort

Ihre größte Stärke spielt die NT1100 allerdings beim Thema Komfort und Langstreckentauglichkeit aus. Die Freude beginnt bei einer perfekt getroffenen Ergonomie inklusive Sattelpolsterung und moderater Sitzhöhe, erstreckt über auf das komfortabel, aber dennoch verbindliche Fahrwerk bis hin zu einem Windschutz, der neue Standards setzt.

Die Verstellung der Scheibe ist zwar nur am Stand und mit beiden Händen möglich, doch die aerodynamischen Qualitäten sind grandios: Der Helm wird effektiv aus dem Fahrtwind genommen, Körper und Schultern werden gut geschützt. Kleine Deflektoren neben der Scheibe und im unteren Verkleidungsbereich helfen zusätzlich; oben bewahren sie die Hände vor Zugluft, unten die Stiefel vor Spritzwasser.

Zu den modernen Funktionalitäten eines Tourenbikes gehören auch entsprechende Ausstattungen, die bei der NT1100 größtenteils serienmäßig verbaut werden: Heizgriffe, ein Tempomat,

ein Hauptständer. Sogar die beiden Seitenkoffer sind bereits im Kaufpreis inbegriffen und können optional natürlich mit einem anständigen Topcase ergänzt werden. 50 Liter fasst die im Design angepasste Box mit integrierter Lehne.

Moderne Assistenz

Um bei all diesen Umfängen dennoch einen Economy-Tarif bieten zu können – 15.590 Euro für die Schaltversion –, haben sich Hondas Produktplaner allerdings entschlossen, auf eine 6-Achsen-Sensorbox zu verzichten: schräglagenabhängige Systeme wie Kurven-ABS oder eine dynamische Traktionskontrolle können daher nicht dargestellt werden.

Es bleibt also bei klassischem ABS und „normaler“ Traktionskontrolle, die immerhin dreistufig und abschaltbar ist. Eine Wheelie-Kontrolle und ganze fünf Fahrmodi sind ebenfalls im Serienumfang enthalten.

Sichtbarer Vertreter der Moderne ist ein 6,5-Zoll-TFT-Display, das ebenfalls von der Africa Twin übernommen wurde. Es beherrscht Bluetooth-Connectivity oder – wenn man das Smartphone mit Kabel verbindet und ein Interkom-Gerät integriert – auch Apple CarPlay oder Android Auto.

Neue Alternative

Unterm Strich ist die neue Honda NT1100 mit ihrem Erbgut aus dem Adventurebereich eine feine Alternative für jene, die Schotterstraßen ohnehin links liegen lassen und stattdessen noch mehr Komfort und Funktion zum überschaubaren Preis suchen – und sich dank niedrigerer Sitzhöhe auch sonst das Leben leichter machen wollen.

Kommentare