Mercedes 280 SE Cabriolet 3.5: Unterwegs im Luxus-Dampfer

Ein grünes Mercedes-Benz 280 SE 3.5 Cabriolet parkt auf einem Schotterweg.
Die Pracht und Herrlichkeit der Fünfziger – anno 1971.

Luxus darf man ruhig offen zeigen. Wie bitte? Isst der Hildebrandt jetzt Kaviar auf dem Frühstücksbrötchen? Mitnichten. Vielmehr geht es darum, dass viersitzige Cabriolets bei weitem eleganter wirken als ihre wuchtigen Limousinen-Verwandten. Nicht umsonst stellte Mercedes 2015 nach 44 Jahren wieder eine S-Klasse für Frischluft-Freunde vor, das S-Klasse Cabriolet. Wir hatten jetzt im Rahmen einer Oldtimer-Rallye die Gelegenheit, den historischen Vorgänger fahren zu können. Sein Name: Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet. Sein Baujahr: 1971.

Im Rahmen der "München Classic", einer neuen Rallye, bei der das Thema Fahrspaß im Vordergrund steht, konnte das Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet zeigen, was in ihm steckt. Zunächst fällt aber die seltene Farbkombination auf: Ein wunderbares, relativ dunkles Metallic-Grün (offizieller Name: 834 Moosgrün metallic) plus Verdeck in hellem Beige. Diese Mischung ist laut meinem Mitfahrer Robert Forster von Mercedes recht selten, zumal in der von mir pilotierten US-Ausführung. Gerade deswegen habe man sich dazu entschieden, den Wagen in US-Optik zu belassen. Das bedeutet wuchtige Reflektoren in den Seiten sowie gelbe Nebelscheinwerfer. Einzige Konzession an Europa ist der km/h-Tacho.

 

"Eine wahre Schönheit entstellt nichts."

Das mögen Puristen bedauern, doch eine wahre Schönheit entstellt nichts. Tatsächlich wirkt das Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet alt, aber nicht modisch. Im Gegensatz zu den Limousinen der Baureihe 111, die 1959 auf den Markt kamen, verzichteten die davon abgeleiteten Coupé- und Cabriomodelle zwei Jahre später auf markante Heckflossen. So entstand ein eleganter Karosseriekörper, der übrigens mit hohem Anteil an Handarbeit gefertigt wurde. Auch deswegen kostete das Cabrio satte 10.000 DM mehr als die Limousine.

Eben jene zeitlose Eleganz sorgte dafür, dass die zweitürigen 111er auch weitergeführt wurden, als Mercedes 1965 die Baureihe 108 als Limousinen der Oberklasse auf den Markt brachte. Erst 1971 war Schluss, an die Stelle der beiden Luxusliner traten der kürzere SL und SLC.

 

"Man merkt den hohen Anteil an Handarbeit.

Ich blicke mich im 280 SE 3.5 Cabriolet um: Hier ist wirklich alles aus dem Vollen gefräst, man merkt den hohen Anteil an Handarbeit. Holz in und auf dem Armaturenbrett, dazu Unmengen an Leder. Optisch ist aber unübersehbar, dass die geistigen Wurzeln des Wagens bis in die 1950er-Jahre zurückreichen. In Sachen Luxus war der Wagen aber noch in seinem Baujahr 1971 weit vorne: Vier elektrische Fensterheber und eine wuchtige Klimaanlage, dazu ein Radio vom Typ Becker Europa II Stereo mit elektrisch ausfahrender Antenne. So mochte es der amerikanische Erstbsitzer des Wagens. Er dürfte deutlich mehr als den Listenpreis bezahlt haben, der damals bei 35.690 Mark lag.

Dazu kamen 1971 noch 1.440 DM für die Vierstufen-Automatik. Nachdem ich mich in den Fahrersessel (hier passt der Begriff ausgezeichnet) habe fallen lassen, greife ich zum dicken Lenkstockhebel, um die Fahrstufe einzulegen. Den Buchstaben D gibt es nicht, stattdessen signalisiert die Zahl Vier, dass alle Gänge ausgespielt werden. Nach einem Ruck kann es losgehen.

Unter der mächtigen Haube des 4,90 Meter langen Cabrios (heute ist schon eine E-Klasse so groß) arbeitet der namensgebende 3,5-Liter-V8, eine ab 1969 angebotene Neuentwicklung. 200 PS und 286 Newtonmeter Drehmoment lauten die Eckdaten, von denen ich zunächst nicht so viel merke. Schließlich wiegt der offene Mercedes 2,1 Tonnen. An der Ampel macht man damit also keinen Stich, dafür ist der ganze Wagen extrem solide. Die Türen und Hauben schließen satt, ein gut gefüttertes Verdeck sorgt für Ruhe im Innenraum.

Mit markantem Blubbern, aber dennoch laufruhig geht der Achtzylinder seiner Arbeit nach. Sanft wogen wir auf der breiten Drehmomentwelle, das Fahrwerk macht schnell klar, dass Kurvenräubern an dem großen Lenkrad heute nicht drin ist. "Der hat noch Seele", meint Robert Forster mit Blick auf die Patina des Wagens, denn Mercedes hat dieses 280 SE 3.5 Cabriolet bewusst nicht überrestauriert.

Mir drängt sich nach geraumer Zeit das Bild einer "Landyacht" auf. Wie auf See cruist man die meiste Zeit damit umher, kann bei Bedarf aber auch flott Strecke machen. Auf der Autobahn zeigt das Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet, was in ihm steckt: Mühelos beschleunigt der große Benz auf Tempo 160, akustisch hält sich der V8 im Hintergrund. Spontan von München nach Stuttgart? Sehr gerne doch!

Die Zeitlosigkeit des Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet (erst nach 1971 vereinfachte man die ellenlangen Modellbezeichnungen auf 350 SE oder 450 SL) wird auch daran deutlich, dass er preislich nie in der Kreisklasse spielte. Heute liegen gute Exemplare im gehobenen sechsstelligen Bereich, so auch unser Exemplar. Den Preis nennt man ihnen bei "Mercedes-Benz All Time Stars" (einer Tochter von Mercedes Classic) gerne. Ich sage wie ein diskreter Butler nur so viel: Es gibt dafür auch schon feine Häuser. Luxus bleibt eben Luxus.

Ein grünes Mercedes-Benz 280 SE Cabriolet parkt auf einem Schotterweg.

Ein Traum in Moosgrün metallic: Das Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet von 1971
Ein grünes Mercedes-Benz 280 SE Cabriolet parkt auf einem Schotterweg.

Mit 4,82 Meter ist das Cabriolet für heutige Luxusverhältnisse relativ kurz
Ein grünes Mercedes-Benz 280 SE Cabriolet steht auf einem Schotterweg.

Hier gut zu sehen: Die seitlichen Reflektoren der US-Ausführung
Ein grünes Mercedes-Benz 280 SE 3.5 Cabriolet auf einer Landstraße.

Auch mit geschlossenem Verdeck büsst der 280 SE 3.5 nichts an Eleganz ein
Ein grünes Mercedes-Benz 280 SE Cabriolet geparkt auf einem Schotterweg.

MIt Automatik kostete das Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet seinerzeit die fette Summe von gut 37.000 DM
Innenraum eines Oldtimers mit beigen Ledersitzen und Holzarmaturen.

Viel Leder und Holz machen den Innenraum zum Gedicht
Innenansicht eines Oldtimer-Mercedes mit beiger Lederausstattung und Holzarmaturen.

Allerdings zeigt sich innen auch noch der Stil der frühen 1960er-Jahre
Das Armaturenbrett eines Oldtimers mit Radio, Uhr und Lüftungsschlitzen der Marke Behr.

Teuer, aber in den USA ein beliebtes Extra: Die Klimaanlage der Firma Behr
Das Armaturenbrett eines Oldtimers mit Geschwindigkeitsanzeige, Drehzahlmesser und Tankanzeige.

Der Tacho wurde auf km/h umgebaut, alle anderen Anzeigen messen noch in US-Einheiten
Das Armaturenbrett eines Oldtimers mit Geschwindigkeitsanzeige und Schaltknüppel.

Mit diesem mächtigen Hebel wird die Automatik bedient
Das Armaturenbrett eines Oldtimers mit einem Becker Europa II Stereo-Radio und einer VDO Kienzle Uhr.

Noch ein kostspieliges Extra: Das Radio vom Typ Becker Europa II Stereo
Nahaufnahme der Bedienelemente für Fensterheber in einem älteren Auto.

Vier elektrische Fensterheber waren 1971 purer Luxus, zumal in einem Cabriolet
Die Türverkleidung eines Oldtimers mit Griff, Fensterkurbel und Türöffner.

Mercedes hat dem Wagen einiges an Patina gelassen
Detailansicht einer braunen Autotür mit Fenster und Blick auf geparkte Autos.

Klimaanlage der 1960er: Die Ausstellfenster lassen viel Frischluft hinein. Betätigt werden sie durch das große schwarze Drehrad
Innenraum eines Oldtimers mit beigem Leder und Holzelementen.

Vorsicht mit dem Knie! Die A-Säule ragt weit in den Einstieg hinein
Die hellbraune Lederausstattung eines Oldtimer-Autos mit vertikal gesteppten Sitzen.

Feines Leder, aber enorm viel Platz gibt es im Fond nicht
Eine Hand öffnet die verchromte Tür eines Oldtimers.

Die Türen schließen mit sattem Tresorklang
Innenraum eines grünen Mercedes-Benz Oldtimer-Cabriolets mit beiger Lederausstattung.

Eine seltene Kombination: Moosgrün metallic und beigefarbenes Leder
Der offene Kofferraum eines grünen Mercedes-Benz 280 SE ist mit Gepäck und einem Reserverad gefüllt.

Im Kofferraum findet das Reserverad seinen Platz
Das Mercedes-Benz-Logo auf der Rückseite eines grünen Autos.

Aus dem Vollen gefräst: der Griff des Heckdeckels
Ein Reserverad mit einem silbernen Halteriemen.

Diese Vorrichtung hält das Reserverad in aufrechter Position
Ein Aufkleber von Georgica Services Ltd. mit Kontaktdaten und Hinweis auf den nächsten Service.

East Hampton, New York? Eher eine noble Wohngegend
Ein Schlüssel liegt auf der Motorhaube eines grünen Mercedes-Benz neben dem Markenlogo.

Ein kleiner Autoschlüssel für den guten Stern
Ein grüner Oldtimer von Mercedes-Benz mit dem Kennzeichen S-P 35H.

Die gelben Nebelscheinwerfer sind ein US-Überbleibsel
Der offene Motorraum eines grünen Oldtimers mit Kühler, Batterie und Verkabelung.

Kraftwerk: Acht Zylinder, 3,5 Liter Hubraum und 200 PS
Die Rückansicht eines grünen Mercedes-Benz 3.5 mit Chromstoßstange.

Die Ziffern am Heck künden vom Prestige
Ein grünes Mercedes-Benz 280 SE Cabriolet mit beigem Verdeck auf einem Oldtimertreffen.

Dezente Weißwandreifen runden das Gesamtbild ab
Detailansicht eines grünen Oldtimer-Mercedes mit Chromstoßstange.

Typisch USA: der vordere Seitenreflektor
Ein grünes Mercedes-Benz Cabriolet der 1960er Jahre mit beigem Verdeck.

Die US-Ausführungen der Mercedes-Baureihe 111 trugen immer Doppelscheinwerfer
Drei Oldtimer, ein gelber Mercedes, ein blauer Alfa Romeo und ein silberner VW Scirocco, stehen nebeneinander.

Grund für die Ausfahrt im Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet war die erstmals stattfindende München Classic
Eine Reihe von Oldtimern, darunter ein gelber Opel Kadett, stehen auf einem Parkplatz.

Das Teilnehmerfeld der München Classic 2018 war bunt gemischt
Mehrere Oldtimer, darunter ein Mercedes-Benz, stehen vor einem grauen Gebäude.

Mit von der Partie war auch der Bruder unseres Cabriolets, das Coupé der Mercedes-Baureihe 111
Ein bronzefarbener Mercedes-Benz 280 SE steht auf einem Kopfsteinpflaster.

Beim Mercedes 280 SE 3.5 Coupé ist der Bereich um die Panorama-Heckscheibe äußerst gelungen
Nahaufnahme eines grünen Oldtimer-Mercedes mit Kühlergrill und Stern.

Der sogenante Pagoden-SL (hinten links) könnte mit dem 280 SE 3.5 Cabriolet seinerzeit im Schauraum gestanden haben
Ein grünes Mercedes-Benz 280 SE Cabriolet im All Time Stars Mercedes-Benz Museum.

So preist All Time Stars, der Oldtimer-Handel von Mercedes, das von uns gefahrene Cabriolet an. Günstig ist der Spaß jedoch nicht
Eine Frau winkt aus einem weißen Mercedes-Benz Cabriolet, im Hintergrund eine Stadtansicht.

So warb Mercedes vor fast 50 Jahren für das 280 SE 3.5 Cabriolet
Zwei silberne Mercedes-Benz Cabrios, ein Oldtimer und ein modernes Modell, stehen nebeneinander.

Erst nach 44 Jahren brachte Mercedes wieder einen luxuriösen offenen Viersitzer: 2015 debütierte das S-Klasse Cabriolet

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