PS-Kaiser: Welches Bundesland vorne liegt und was das für die Sicherheit heißt?

Autos fahren auf einer Autobahn.
Die Durchschnitts-PS österreichischer Autos ist in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. Was bedeutet das für Verkehr und Polizei?

Zusammenfassung

  • Die durchschnittliche Motorleistung österreichischer Pkw ist in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen, besonders in Vorarlberg und Wien.
  • Elektroautos und das wachsende Komfortbedürfnis treiben den Trend zu mehr PS, wobei der Anteil vollelektrischer Fahrzeuge an Neuzulassungen stark zunimmt.
  • Höhere Motorleistungen können laut ÖAMTC zu riskanterem Fahrverhalten führen, sind aber empirisch nicht direkt mit mehr Unfällen verbunden; die Polizei setzt gezielt leistungsstarke Fahrzeuge zur Überwachung ein.

Die Motorleistung von Pkw in Österreich nimmt stetig zu. Laut aktuellen Daten der Wiener Städtischen Versicherung lag die durchschnittliche PS-Zahl im Jahr 2024 bei rund 129. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 betrug der Schnitt noch 109 PS. Besonders deutlich fällt der Anstieg in Vorarlberg und Wien aus. In beiden Bundesländern stieg die durchschnittliche Motorleistung innerhalb der letzten zehn Jahre um mehr als 20 Prozent. 

Die durchschnittlichen Pferdestärken der einzelnen Bundesländer im Überblick:

  • Vorarlberg: 141 PS
  • Wien: 140 PS
  • Salzburg: 138 PS
  • Burgenland: 128 PS
  • Tirol: 126 PS
  • Kärnten: 123 PS
  • Steiermark: 123 PS
  • Niederösterreich: 122 PS
  • Oberösterreich: 122 PS

Der überregionale Trend ist eindeutig: In allen Bundesländern wurden zwischen 2015 und 2024 teils zweistellige Zuwachsraten bei der PS-Zahl registriert. Laut der Wiener Städtischen Versicherung ist dieser Anstieg vor allem bei neuzugelassenen Fahrzeugen besonders stark ausgeprägt. Hier überschreiten viele Modelle die 150-PS-Marke.

Komfort, Sicherheit und Elektro-Power

Ein wesentlicher Treiber der steigenden Motorleistungen in Österreich ist das wachsende Komfortbedürfnis vieler Autofahrer. Laut der Studie wird eine höhere PS-Zahl zunehmend mit besserer Fahrdynamik, einem angenehmeren Fahrerlebnis und einem subjektiv gesteigerten Sicherheitsgefühl verbunden. 

Besonders deutlich zeigt sich der Trend aber bei Elektroautos. Aufgrund ihrer Bauweise verfügen sie serienmäßig über hohe Leistungswerte. Selbst Modelle der Kompakt- und Mittelklasse wie Teslas Model 3 oder der Hyundai Ioniq 5 erreichen ohne sportliche Ambitionen zwischen 200 und 300 PS. Die aktuelle Entwicklung am österreichischen Automarkt spiegelt diesen Wandel wider. Laut Statistik Austria legten Fahrzeuge mit alternativen Antrieben im ersten Halbjahr 2025 um 59,3 Prozent zu. Der Anteil vollelektrischer Fahrzeuge an den Neuzulassungen beträgt mittlerweile 22 Prozent, was einem Anstieg von 42,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht.

Ein Polizist führt eine Radarmessung durch.

Mehr Leistung bedeutet nicht automatisch mehr Strafen: Entscheidend bleiben laut ÖAMTC Fahrverhalten und konkrete Verkehrsverstöße.

Mehr Leistung als Sicherheitsrisiko

Der ÖAMTC warnt davor, dass vor allem Fahranfänger die hohe Leistung von E-Autos unterschätzen könnten, da diese trotz ihrer sanft wirkenden Fahrweise und dem unaufdringlichen Erscheinungsbild eine unerwartet starke und spontane Kraftentfaltung bieten. Besonders im Stadtverkehr oder auf nasser Fahrbahn könne es durch abrupte Beschleunigung zu gefährlichen Situationen kommen. Auch die fehlende Geräuschkulisse im Stadtverkehr erschwert es anderen Verkehrsteilnehmern, herannahende E-Autos rechtzeitig akustisch zu erkennen.

Ob leistungsstärkere Fahrzeuge tatsächlich häufiger in Unfälle verwickelt sind, lässt sich empirisch allerdings schwer belegen. Laut der Studie der Wiener Städtischen sind es in der Regel Unerfahrenheit oder Überforderung, die zu riskanten Situationen führen. Darüber hinaus beobachten Verkehrsexperten einen psychologischen Effekt: Stärkere Motorisierung kann zu einem aggressiveren Fahrstil führen. Schnellere Überholmanöver, geringerer Sicherheitsabstand oder häufigeres Ausreizen oder Übertreten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sind laut ÖAMTC potenzielle Folgen. Auch wenn es dafür keinen unmittelbaren Zusammenhang mit einer höheren Unfallrate gibt, steigt subjektiv die wahrgenommene Risikobereitschaft.

Mehr PS: Ein Gewinn für die Polizei?

Oft wird vermutet, dass leistungsstärkere Fahrzeuge der Polizei ein besonders lukratives Geschäft bescheren. Der ÖAMTC sieht dafür jedoch keine Hinweise: Autos mit hoher PS-Zahl würden nicht häufiger kontrolliert oder abgestraft, als leistungsschwächere Fahrzeuge. Ausschlaggebend bleiben vielmehr das konkrete Fahrverhalten, der Standort sowie nachgewiesene Verkehrsverstöße.

Die steigende Motorleistung beeinflusst nicht nur die privaten Fahrzeugflotten, sondern hat auch direkte Auswirkungen auf die Ausrüstung und Strategien der Polizei. Wie der ORF berichtet, hat das Innenministerium bereits 2021 insgesamt 37 leistungsstarke Zivilfahrzeuge in Dienst gestellt, darunter Modelle wie Audi S3, VW Golf GTI und Seat Cupra. Die Fahrzeuge verfügen über Pferdestärken zwischen 245 und 310 PS und werden gezielt zur Überwachung eingesetzt, wo illegale Straßenrennen oder Geschwindigkeitsüberschreitungen durch besonders leistungsstarke Autos an der Tagesordnung sind.

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