IAA 1969: Als Mercedes mit dem C 111 für Aufsehen sorgte
In Serie ist er nie gegangen. Eine Ikone des Automobilbaus wurde er trotzdem. Seinerzeit wurde auch noch spekuliert, ob der flache Sportwagen ein Nachfolger für den 300 SL Flügeltürer sein könnte. War er nicht - stattdessen blieb der C111 ein reines Experimentalfahrzeug, da nutzte es auch noch nix, dass wohlbetuchte Kunden schon eifrig Blankoschecks Richtung Untertürkheim schickten, nur um so ein Auto haben zu können.
Mercedes erprobt in dem Mittelmotor-Sportwagen vor allem den Antrieb durch einen Rotationskolbenmotor nach dem von Felix Wankel entwickelten Kreiskolbenprinzip. Im C 111 von 1969 kommt ein Dreischeiben-Wankelmotor mit dreimal 600 Kubikzentimeter Kammervolumen und 280 PS Leistung zum Einsatz. Beim weiterentwickelten C 111-II, der ein halbes Jahr später zum Genfer Automobil-Salon im Frühjahr 1970 vorgestellt wird, ist es ein Vierscheiben-Motor mit viermal 600 Kubikzentimeter Kammervolumen und 350 PS.
Bei Mercedes arbeitete man bereits seit Anfang der 1960er-Jahre am Wankelmotor. Entwicklungschef Prof. Dr. Hans Scherenberg erklärt freilich schon1967, dass der Verbrauch des Wankels rund 50 Prozent höher sei als bei einem gleich starken Hubkolbenmotor in V-Form. Letztlich sprechen Verbrauch und Emissionsverhalten damals gegen eine Serienfertigung des starken und laufruhigen Wankelmotors. Mercedes-Benz beendet die Wankelmotoren-Entwicklung schließlich Anfang 1976.
Unter dem Kürzel C101 beginnt Ende 1968 die konkrete Umsetzung des Wankel-Sportwagens. Verantwortlich zeichnet Pkw-Entwicklungschef Rudolf Uhlenhaut, Projektleiter ist Dr. Hans Liebold, Leiter der Vorentwicklung. Das faszinierende Design entwirft ein Team um Joseph Gallitzendörfer und Bruno Sacco. Die erste Testfahrt des ersten kompletten Fahrzeugs auf dem Hockenheimring findet am 15. Juli 1969 statt. Öffentlich präsentiert wird das Experimentalfahrzeug auf der IAA dann im September unter dem Namen C 111 – so vermeidet Mercedes-Benz einen Konflikt mit den von Peugeot geschützten Typenbezeichnungen mit der mittleren Ziffer Null.
Neben dem Wankelmotor werden im C 111 auch Technologien erprobt, die im Serienautomobilbau bislang nur in Ansätzen realisiert worden sind, darunter Karosserien aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) und Fügetechniken wie Kleben und Nieten.
Weißherbst
Zum besonderen Auftritt des C 111 trägt auch die ungewöhnliche Lackierung in Orange metallic bei. Deren aus dem Weinbau entlehnte Bezeichnung „Weißherbst“ hebt auf die schillernde Orange/Rosé-Färbung der beliebten Weine ab. Das auf der IAA in Frankurt präsentierte Ausstellungsfahrzeug ist der erste C 111 in dieser spektakulären Lackierung. Die anderen Fahrzeuge der ersten Serie, die während der IAA als Vorführwagen zum Einsatz kommen, sind noch in „Effektlack weiß“ ausgeführt, werden aber später ebenfalls auf Weißherbst umlackiert.
Die erste Version des C 111 erreichte übrigens ein Spitzentempo von 260 km/h, und der C 111-II kommt sogar auf 300 km/h. Das machte den C111 in den Autoquartett-Spielen Anfang der 70er-Jahre zur begehrten Trumpfkarte.
Letztendlich werden nur zwölf Fahrzeuge des C 111 produziert. Übrigens wurde 2014 ein Modell wieder zum Laufen gebracht, allerdings verwendete man dafür nicht den Original-Wankelmotor (die noch wenigen erhaltenen Motoren will man für die Zukunft erhalten), sondern einen 3,5-Liter-V8-Motor - der aber schon 1970 zu Vergleichs- und Erprobungszwecken in einem C 111 eingebaut worden war.
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