Chery Europa-Chef David Shen: „Unsere Zukunft ist europäisch“

Zusammenfassung
- Chery Automotive expandiert mit den Marken Omoda und Jaecoo nach Österreich und richtet sich an unterschiedliche Zielgruppen: Omoda für junge, designorientierte Kunden, Jaecoo für die urbane Elite.
- Das Unternehmen setzt auf europäische Verankerung mit Produktion und Entwicklung vor Ort, kurze Lieferzeiten und ein starkes Preis-Leistungs-Verhältnis statt Kampfpreisen.
- Bis 2035 will Chery keine Verbrenner mehr anbieten und setzt auf ein eigenes Plug-in-Hybrid-System mit hoher Reichweite und schneller Ladezeit.
David Shen leitet bei Chery Automotive den Vertrieb der Marken Omoda und Jaecoo in Europa. Mit über zehn Jahren Erfahrung in strategischer Produktplanung und erfolgreichen Markteinführungen bringt er frischen Schwung in die Etablierung der beiden Newcomer.
KURIER: Herr Shen, Sie sind derzeit mit den Marken Omoda und Jaecoo in Europa aktiv. Was reizt Sie daran, eine neue Marke auf einem neuen Markt aufzubauen?
David Shen: Am meisten reizt mich die Chance, etwas Neues zu machen. Außerdem die Möglichkeit, den gesamten Prozess von der Produktplanung über den Vertrieb bis hin zum After-Sales mitzugestalten. Omoda und Jaecoo sind spannende Marken, die ich als ideale Ergänzung für den europäischen Markt sehe.
Sie haben die Marken bereits in Ländern wie Italien, Spanien oder Polen eingeführt. Wie fällt die Bilanz aus?
Schon vor dem Marktstart erhalten wir Interesse, viele Kunden buchen Testfahrten oder bestellen Fahrzeuge, bevor die Preise bekannt sind. Das liegt daran, dass wir uns am Feedback der Kunden ausrichten, von der Konzeptphase über die Markteinführung bis zum After Sales-Bereich. Im April 2023 haben wir weltweit 50.000 Fahrzeuge verkauft. Im April 2025 waren es bereits 500.000 Stück.
Warum starteten Sie in Ländern wie Polen oder Ungarn und nicht in Österreich?
Wir wählen die Märkte nach Geschwindigkeit der Verhandlungen und Verfügbarkeit verlässlicher Partner. Wo die Rahmenbedingungen schneller passen, beginnen wir zuerst. Die Reihenfolge bedeutet also keine Wertung.
Wie sehen die Zielgruppen von Omoda und Jaecoo aus?
Omoda richtet sich an eine jüngere, designaffine Kundschaft, die auffallen möchte – ein Lifestyle-Crossover für Individualisten, die nicht die Standardnorm haben möchten. Jaecoo dagegen ist stärker auf die urbane Elite zugeschnitten: robuste, vielseitige SUVs mit Offroad-Kompetenz für Familie und Freizeit.
Welche Bedeutung haben die Markennamen?
„Jaecoo“ setzt sich aus dem deutschen Wort „Jäger“ und dem englischen „cool“ zusammen. „Omoda“ verbindet den Ausruf „Oh!“ mit „modern“.

David Shen zeigt sich seit einem Jahrzehnt für die Einführung neuer Marken auf dem europäischen Markt verantwortlich.
Was sind Ihre Erwartungen an den österreichischen Markt?
Wir wollen als vertrauenswürdige Marke angesehen werden. Wir verstehen uns als europäisch verankertes Unternehmen, nicht zuletzt durch unser Werk in Barcelona und die Entwicklungsabteilung in Deutschland. So können wir uns als lokaler Player besser auf die einzelnen Märkte einstellen. Unser Ziel ist es, über Generationen hinweg hier zu bleiben. Die Preise unserer Modelle für Österreich stehen noch nicht fest. In anderen Ländern Europas liegen sie zwischen 20.000 und 40.000 Euro.
Welche Modelle kommen nach Österreich?
Unser Portfolio wird alle Fahrzeuge, die wir bereits in anderen europäischen Märkten anbieten, umfassen. Jaecoo startet hier im November, Omoda folgt etwas später.
Wie lange müssen Kunden auf ihr Auto warten?
Wir sorgen dafür, dass Fahrzeuge schon vor dem offiziellen Marktstart bei den Händlern stehen. So können Kunden sofort Probefahrten machen – und auch nach der Bestellung sind die Lieferzeiten kurz.
Warum gibt es Omoda und Jaecoo nicht in China?
Diese Marken wurden von Chery speziell für internationale Märkte entwickelt. In China selbst sind sie nicht erhältlich.
In China gibt es derzeit einen Preiskampf. Droht dieser auch in Europa?
Unser Ansatz ist ein anderer: Wir setzen auf ein starkes Preis-Leistungs-Verhältnis, also wettbewerbsfähige Preise bei gleichzeitig hoher Qualität. Wir wollen kein Billiganbieter sein, sondern ein Mainstream-Volumenhersteller, der Vertrauen aufbaut und langfristig überzeugt. Sicherheit ist dabei ein wichtiges Thema: Der Omoda 5 und der Jaecoo 7 haben jeweils 5 Sterne beim Euro NCAP Crashtest erhalten.
Die USA haben Strafzölle auf chinesische Elektroautos verhängt. Ist Europa daher strategisch attraktiver?
Es ist immer eine Herausforderung, wenn handelspolitische Entscheidungen das Marktumfeld beeinflussen, doch wir passen uns an. Wir haben bereits ein Werk und Kundenservice-Zentren und betreiben Entwicklungsarbeit in Europa. Schritt für Schritt werden unsere Fahrzeuge hier produziert und Komponenten lokal beschafft – das macht uns unabhängiger von politischen Schwankungen.
Bis 2035 sollen in Europa keine Verbrenner mehr verkauft werden. Wie reagieren Sie darauf?
Wir wollen vor 2035 keine Verbrenner mehr im Portfolio haben. Dafür haben wir unser eigenes „Super Hybrid System“ entwickelt: ein Plug-in-Hybrid mit besonderen Eigenschaften. Bei herkömmlichen PHEVs steigt der Verbrauch stark an, sobald die Batterie leer ist. Bei unserem System bleibt er mit 6 Litern niedrig. Mit voller Batterie und Tank sind Reichweiten von 1.200 Kilometern möglich. Gleichzeitig kann die Batterie in nur 20 Minuten von 10 auf 80 Prozent geladen werden, sodass eine rein elektrische Nutzung im Alltag praktikabel bleibt.
Kommentare