Besuch bei Lamborghini: Zwei Jahre Wartezeit für einen Supersportwagen
Das 60-Jahr-Jubiläum wurde im vergangenen Jahr gefeiert. Über den Ursprung des Autoherstellers Lamborghini und die Rolle Enzo Ferraris gibt es mehrere Legenden. Die einen sagen, Enzo Ferrari habe Ferruccio Lamborghini, als er sich über seinen gekauften Ferrari beklagte, erklärt, er solle seine Traktoren bauen und von Sportwagen hätte er ohnedies keine Ahnung. Andere sagen, Enzo Ferrari Herrn Lamborghini nicht einmal empfangen.
Jedenfalls war Ferruccio Lamborghini ein Mann der Tat und wenn er sich etwas in den Kopf setzte, dann zog er es für gewöhnlich durch. Und so entstanden in Sant’Agata Bolognese in der Emilia-Romagna – in unmittelbarer Nachbarschaft von Maranello (Ferrari) und Modena (Maserati) – ab 1963 exklusive Sportwagen. Lamborghini ist im Laufe der Jahre mit aktuell rund 3.000 Mitarbeitern zu einem wichtigen Faktor in der Region geworden.
Über 10.000 Autos
Ferruccio Lamborghini hat seine Firma bereits Anfang der 1970er weiterverkauft (um sich dem Weinbau zu widmen), es folgten mehrere verschiedene Eigentümer, bis man durch die Übernahme durch Audi 1998 wieder in ruhigeres Fahrwasser kam und sich der Erfolg einstellte. Produzierte man 1999 noch 265 Fahrzeuge im Jahr, so waren es 2023 bereits 10.112. Den Umsatz von rund 2,66 Milliarden Euro im vergangenen Jahr wird man heuer – das lassen die bisherigen Ergebnisse vermuten – übertreffen.
Der große Bringer ist das SUV Urus. Man nutzt hier freilich bestehende Audi-Technik, was die Kunden aber nicht stört. Für die Produktionsanlagen für den Urus wurde das Firmenareal praktisch verdoppelt und der Urus macht bei Weitem das Gros der Verkäufe aus. Vom Urus rollen 30 Stück pro Tag von den Montagebändern.
Und die Kunden von Lamborghini sind geduldig, wenn es gilt, auf das bestellte Auto zu warten. Fragt man die Verantwortlichen in Sant’Agata, woran das liegt, hört man meist, dass einfach die Produkte stimmen. Und man habe einen guten Draht zu den Kunden und höre genau auf deren Wünsche.
Wartezeit
Der Urus ist für das kommende Jahr bereits ausverkauft. Noch extremer ist die Situation beim neuen Supersportwagen Revuelto. Wenn man jetzt bestellt, wartet man zwei Jahre – wir reden hier von einem Fahrzeug, das rund 700.000 Euro kostet. Pro Tag fertigt man neun Stück. Man könnte in Zukunft wohl zehn pro Tag bauen, mehr geht aber nicht, erklärt uns der Verantwortliche für die Produktion, Ranieri Niccoli. Der Flaschenhals, so Niccoli weiter, sei die aufwendige Herstellung des Kohlefaser-Monocoques, wo noch viel in Handarbeit zu geschehen hat.
Ein Versprechen, das man heuer eingelöst hat, betrifft die Elektrifizierung. Revuelto, Urus SE und der kommende Temerario, von dem 4.000 Stück pro Jahr produziert werden sollen, fahren mit Hybridtechnologie. Im Fall des Revuelto bedeutet der Stromzuschlag eine Systemleistung von insgesamt 1.015 PS. Und der Supersportwagen fährt – wenn man will – auch rein elektrisch. Der Urus SE hat als Plug-in-Hybrid eine Leistung von 800 PS und fährt zumindest 60 Kilometer weit rein elektrisch. Mit dem rein batterieelektrischen Lamborghini lässt man sich noch Zeit. Bis 2030 will man aber ein entsprechendes Auto auf den Markt bringen.
Gleichzeitig hegt und pflegt man das Erbe der Marke und betreibt ein Museum mit tollen Exponaten. Die Klassik-Abteilung Polo Storico, wo man Zugriff auf die Archive des Unternehmens hat, stellt Zertifikate aus, die die Echtheit eines klassischen Lamborghinis bescheinigen (je nach Modell kostet das zwischen 10.000 und 30.000 Euro) – und man restauriert auch.
Freilich nicht alles. Einem Interessenten, der nur das Vorderteil eines Miura ersteigert hatte und nun gern wieder ein ganzes Auto hätte, wurde höflich mitgeteilt, dass man für solche Härtefälle nicht zuständig sei.
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