Doch in den 1990er-Jahren, als sich der Westen nach dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus’ unbesiegbar wähnte, wurde der Party-Kapitalismus geboren. „Lebe jetzt, zahle später“, lautet seither das Credo. Beim Tanz um das goldene Kalb verschuldeten sich Staaten (Italien, Griechenland), Unternehmen und Konsumenten hemmungslos, um einen Wohlstand zu zelebrieren, den sie nicht erarbeitet hatten. Wer sparte, so wie Deutschland, galt bis vor wenigen Wochen noch als Partykiller.
Ein Ausdruck dieses Lebens am Limit sind hierzulande nun jene Unternehmen, die nach gerade einmal zwei Wochen Betriebsstillstand nicht mehr in der Lage sind, Gehälter oder Lieferantenrechnungen zu bezahlen, obwohl sie – siehe Gebot Nummer eins – mindestens drei Monate Cash für sprichwörtlich alle möglichen Katastrophenfälle dieser Welt auf der hohen Kante haben sollten.
Bei Ebbe zeigt sich eben, wer bei Flut ohne Badehose geschwommen ist. Weshalb die Regierungen von Tokio über Wien bis Washington ihre nationalen Ökonomien mit ungeheuren Milliardenbeträgen fluten. Rund 4.300 Milliarden Euro sind es bisher – das sind rund fünf Prozent der globalen jährlichen Wirtschaftsleistung. Geld, das entgegen der Meinung vieler Twitter- und Facebook-Ökonomen nicht in irgendwelchen Hausbunkern eines Finanzministers herumlagert, sondern auf den internationalen Kapitalmärkten ausgeborgt und zurückbezahlt werden muss.
In Europa und den USA wird bereits die Debatte geführt, ob die Mittel des ökonomischen Shutdowns den Zweck der effektiven Virusbekämpfung erfüllen. Die Antwort lautet ja! Weil es um Menschenleben geht. Aber auch, weil die ungehemmte Ausbreitung einer Seuche das ökonomische Leben nach und nach ebenso schwer treffen würde, wie dies nun eben auf radikale Art geschieht. Doch die Wahrheit ist auch, dass die Wirtschaft so rasch wie möglich wieder hochfahren muss. Sonst ist die Party für sehr lange Zeit wirklich vorbei.
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