Was Mückstein hinterlässt

Was Mückstein hinterlässt
Während der scheidende Minister eine harte Lektion lernen musste, lagen Mega-Themen wie die Pflegereform weitgehend brach.
Christian Böhmer

Christian Böhmer

Er hat genug. Endgültig. Nach nur elf Monaten an der Spitze des Gesundheitsministeriums zieht sich Wolfgang Mückstein aus dem Amt zurück.

Der Seitenwechsel des Allgemeinmediziners stand vom ersten Tag an unter keinem guten Stern. Der stress-bedingte Abgang von Rudolf Anschober kam ungeplant. Und so mussten die Grünen mitten in einer Pandemie ausgerechnet jenen Minister ersetzen, der sich mit nicht gerade trivialen Fragen wie etwa flächendeckenden Lockdowns herumschlagen durfte.

Mückstein übernahm fliegend. Doch im Unterschied zu seinem Vorgänger fehlte ihm für den heiklen Job das professionelle Rüstzeug, das sich Anschober in gut zwei Jahrzehnten als Regierungsmitglied in Oberösterreich hat aneignen können.

Es gehört zu den großen Missverständnissen unserer Medien-Demokratie, dass „Experten“ tendenziell bessere Politiker oder gar Minister abgeben als Politprofis. Ein Controller ist nicht zwingend ein formidabler Finanzminister, nur weil er sich in Bilanzen oder Unternehmenskennzahlen gut zurechtfindet.

Hilft es in der Politik, wenn man in einem Fach besondere Expertise aufweist? Natürlich tut es das.

Doch viel wichtiger sind in der Realpolitik andere Faktoren: Es geht darum, zu wissen, wie die Interessenvertreter, neudeutsch „Stakeholder“, ticken und was sie antreibt. Ein guter Minister versteht, wie die Gesellschaft funktioniert; wie Interessenausgleiche gelingen; und wie man Reformen, die zwangsläufig nicht allen gefallen können, auf den Weg und vor allem zu Ende bringt.

Das ist für sich genommen schon schwierig genug. In der Gesundheitspolitik ist es maximal komplex: Da gibt es finanziell potente Interessenvertreter wie Ärzte- und Apothekerkammer; da gibt es machtbewusste Player, wie die für Spitalversorgung und Pflegewesen zuständigen Länder; und um das Ganze zu verschärfen, ist Gesundheitspolitik nicht erst seit Corona ein höchst emotionales Thema.

All das, bis hin zur ununterbrochenen medialen Beobachtung (Stichwort: Turnschuh-Debatte!), hat Mückstein heillos überfordert. Er hat das erkannt bzw. erkennen müssen – und zog die Konsequenz.

Für Häme ist jetzt freilich keine Zeit. Denn während der scheidende Minister eine harte Lektion gelernt hat, lagen Mega-Themen wie die Pflegereform weitgehend brach.

Mücksteins Nachfolger Johannes Rauch gilt als politischer Profi, und man hofft, dass er dem Ruf nun gerecht wird. Denn egal, ob es um den nachhaltigen Umbau des Pflegesystems oder die Bewältigung der Kollateralschäden der Pandemie geht: Im Gesundheitsministerium türmen sich die Aufgaben. Und Schonfrist gibt es dabei keine – dafür wurde mittlerweile zu viel Zeit verloren.

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