Von Castelrotto aus Europa zerstören

Salvini und die rechten Demagogen wissen, wie sie Europa zerstören wollen. Wo bleiben die Retter?
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Castelrotto, besser bekannt unter dem Namen Kastelruth, hat Matteo Salvini kürzlich besucht, wie er uns auf Twitter mitteilt. Er hatte auch keine Scheu, bei einem Konzert der dortigen Spatzen vorbei zu schauen. Während die mit dem italienischen Innenminister befreundete FPÖ allen Südtirolern einen österreichischen Pass verleihen will, betont der Nationalist Salvini die Zugehörigkeit des Alto Adige zu Italien, erst recht vor den Landtagswahlen am kommenden Sonntag. So weit sind wir wieder in Europa – das Trennende wird zelebriert und für Kampagnen missbraucht. Dass die Nationalisten einander dabei auf die Füße steigen, stört sie nicht, im nächsten Moment geht es dann gemeinsam gegen „Fremde.“ Dann passt es wieder.

Das ist nur ein Vorgeschmack auf die Wahl zum Europaparlament im Mai 2019, wo Salvini als Spitzenkandidat der Rechtsextremen antreten will, um dann als Kommissionspräsident „ Europa neu zu gründen“, wie er sagt. Vorher aber muss diese EU zerstört werden.

Das Programm von rechts außen ist also bekannt. „Den europäischen Völkern ihre Identität wieder geben“, wie Salvini sagt. Als ob sie ihnen jemand genommen hätte. Gleichzeitig legt die italienische Regierung ein Budget vor, dass die Verschuldung weiter steigen lässt. Sollen halt andere Staaten zahlen.

Aber was wollen eigentlich die anderen, die pro-europäischen Parteien? Bei der SPÖ haben wir gerade die Bestellung des Spitzenkandidaten als Drama in mehreren Akten erlebt, während bei der ÖVP keiner auf die Bühne darf. Dabei hat gerade die ÖVP mit Othmar Karas einen kundigen Experten, der in der EU anerkannt ist und schon viel für ein einiges Europa getan hat. Warum darf er nicht als Nummer 1 der ÖVP einen Gegenpol der Vernunft zu Salvinis Anti-EU-Emotionen bilden?

Nach dem Brexit kommen neue Lügen

Wie leicht ein Stück gemeinsames Europa zerstört werden kann, haben wir ja beim Brexit gesehen. Von den offensichtlichen Lügen, wie den zusätzlichen Milliarden für das Gesundheitssystem oder der plötzlich boomenden Wirtschaft ist ja nichts übrig geblieben. Aber die EU-Gegner scheuen sich nicht, mit neuen Lügen Europa zu zerstören, während sich die anderen Parteien zurückhalten. Dazu kommt, dass die Frage der Flüchtlinge so sehr zum angeblich größten Problem des Kontinents hochemotionalisiert wurde, dass die Bevölkerung jetzt zu Recht Lösungen erwartet, die die Regierungschefs auch in dieser Woche in Brüssel nicht gefunden haben.

Nun soll es einen neuen „Weg der Solidarität“ geben, wie Bundeskanzler Sebastian Kurz das nennt. Es soll kein Land gezwungen werden, Flüchtlinge aufzunehmen, aber jeder soll „einen Beitrag leisten, wo er kann.“ Werden also Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen, zahlen müssen? Und wie viel? Der Luxemburger Premier Xavier Bettel sieht den Begriff der Solidarität weiter gefasst. Aber im Moment müsste man froh sein, wenn alle EU-Länder endlich die gemeinsame Verantwortung sehen.

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