Der verurteilte Ex-Präsident

Der verurteilte Ex-Präsident
Wirft das Missbrauchs-Urteil Donald Trump aus dem Präsidentenrennen? Nach menschlichem Ermessen ja – auch wenn die „Hexenjagd“-Dynamik nicht zu unterschätzen ist.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Donald Trump ist in einem Zivilprozess wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. Er wurde nicht der Vergewaltigung von E. Jean Carroll in einer Umkleidekabine des Luxuskaufhauses Bergdorf Goodman im Jahr 1996 für schuldig befunden, aber der sexuellen Zudringlichkeit – samt späterer Verhöhnung des Opfers.

Das ist sensationell – noch nie ist ein ehemaliger amerikanischer Präsident von einem Gericht verurteilt worden. Und es ist wenig überraschend: Die neun Geschworenen bestätigten quasi nur, was über den heute 76-Jährigen längst bekannt war – sein machohaftes, abwertendes Verhalten gegenüber Frauen. Sein „Grabem by the pussy“-Sager (Der Audiomitschnitt bei unwissentlich eingeschaltetem Mikrofon aus dem Jahr 2005: „Wenn du ein Star bist, lassen sie dich alles tun. Du kannst alles tun [] Ihnen an die Muschi greifen. Du kannst alles tun“ wurde auch im Gericht vorgespielt) sagt sehr viel über den neuerlichen Präsidentschaftswerber der Vereinigten Staaten.

Apropos: Wird ihm das Urteil schaden? Trump muss nicht ins Gefängnis, denn es handelte sich um einen Zivilprozess. Viele weitere gravierende Delikte, darunter Steuerunterschleif und Betrug, stehen in mutmaßlich mehreren Strafprozessen an. Die Schweigegeldzahlungen an ein Pornomodel (Seitensprung) als quasi Wahlkampfkosten sind da noch der harmloseste Vorwurf. Dennoch darf angenommen werden, dass der harte Kern seiner Anhänger – und das sind viele – in einen Jetzt-erst-recht-Modus verfallen werden. Und dass Donald Trump diesen Verteidigungsmodus noch befeuern wird – „Hexenjagd“ poltert er jetzt schon, und dass er keine Scham und keine Grenzen kennt, hat er ja beim angestachelten Sturm aufs Kapitol und mit den Wahlfälschungslügen, die er nach der letzten Wahl in Umlauf gebracht hat, bewiesen.

Dennoch, für eine breite Mehrheit sollte es nicht mehr reichen – nach menschlichem Ermessen sollte der windige Soap-opera-Star, der es zum zweifelhaften Immobilien-Tycoon und bis zum Präsidenten brachte, politisch erledigt sein. Aber menschliches Ermessen und die Dynamik, die ein waidwunder Verlierer auslösen kann, der es noch einmal wissen will, sind zwei paar Schuhe.

Der verurteilte Ex-Präsident

Kommentare