Rot bleibt ratlos: Alles Rechtswalzer oder was?

In Ludwigs Wiener SPÖ stehen alle Zeichen auf rechts um. SPÖ-Chef Kern hadert nach wie vor primär mit seinem Schicksal.
Josef Votzi

Josef Votzi

Der eine ruft „Heimat“ und „Sicherheit“ als Ideale aus; der andere eine Ära der Parteivolks-Abstimmungen. Willkommen auf dem Einheits-Parteitag von Türkis-Blau – inszeniert vom Message-Kontrollamt am Wiener Ballhausplatz? Könnte sein, ist aber nicht. Denn also sprachen nicht Heinz-Christian Strache, Herbert Kickl, Wolfgang Sobotka oder Sebastian Kurz.

Mit mehr Sicherheit und Heimat will Michael Ludwig punkten. Zum Parteivolks-Tribunen schwang sich Christian Kern auf. Politik ist zu schnelllebig geworden, als dass das Gros der Wähler jede Wendung registriert.

Was zählt, ist der Gesamteindruck, und der heißt im Fall der größten Oppositionspartei: Wohin soll ich mich wenden? Rot zeigt sich primär ratlos. Kern selbst mal selbstmitleidig aggressiv; mal beckmessernd belehrend. So persönlich schmerzhaft es für die vielen Ex-Machthaber sein mag: Die SPÖ wirkt old-fashioned und wie der Museumswärter einer zwar gülden gerahmten, aber langsam verstaubenden Erfolgsstory.

Eine Partei, die lebte „Der Staat bin ich“, muss es nach Jahrzehnten oft brutaler Machtpolitik wieder schlicht mit Politik versuchen: Überzeugung statt Überheblichkeit. Inhalte statt Inhalieren. Umwerben statt befehlen.

Rote Linie in der Ausländerfrage bleibt vageMacht-Deals und politische Gegengeschäfte aller Unart funktionieren mangels Masse nicht mehr. Die Verteilung der Pfründe in der letzten roten Bastion machen die Wiener Genossen unter sich aus. Hier wird auch das Drehbuch für das künftige Schicksal der SPÖ geschrieben. In der Ära Ludwig stehen alle Zeichen auf rechts blinken, auf dem Mittelstreifen niemanden verschrecken und alles andere im Zweifel links liegen lassen. Christian Kern bleibt nur eine Nebendarsteller-Rolle. Mit dem neuen Parteiprogramm versucht er einmal mehr den Spagat, verlorene Grün- und Blau-Wähler zu umwerben. Eine rote Linie in der Ausländerfrage, die Kurz souverän zur Nr. 1 machte, wird weiter gesucht. Kerns vage Vorgabe: Hart, aber nicht allzu unherzlich.

Ob Rot auf Sicht wieder ins Machtspiel kommt, wird aber nicht in der – seit der Ära Faymann organisatorisch und politisch heruntergewirtschafteten – Wiener Löwelstrasse entschieden, sondern im Wiener Rathaus.

Kurz und seine türkise Truppe hat so die letzte rote Trutzburg schon ins Visier genommen, bevor Michael Ludwig das erste Mal als Bürgermeister „Freundschaft“ sagen konnte. Motto: Wien als abschreckendes Beispiel für Versagen in der Zuwanderer-Politik. Michael Ludwig hat so bei der Wohnungsvergabe mit dem Bonus für „echte Wiener“ und einer „Hausordnung für die ganze Stadt“ deutlich sichtbar auf Rot-Blau light umgeschaltet.

In Wien wird ab sofort rechter regiert.

Im Bund rechter denn je.

Christian Kern setzt weiter auf einen Sowohl-als-auch-Kurs. Viel Konfliktstoff für eine erfolgsverwöhnte Partei und deren Chef, der eigentlich lieber heute als morgen wieder als Kanzler über den Dingen stehen würde.

Kommentare