Putin droht - jetzt nur nicht nachgeben!

Das war keine gute Woche für Wladimir Putin. Erst erobern ukrainische Einheiten ein Gebiet nach dem anderen aus russischer Kriegsgewalt zurück und schlagen Putins Soldaten in die Flucht. Dann läuft der Gipfel mit vermeintlichen Freunden im fernen Samarkand anders, als sich der Kreml-Herrscher das vorgestellt hat: Chinas Xi Jinping herzt Putin nicht sehr und bleibt in Sachen Ukraine ambivalent; Indiens Präsident Modi sorgt sich laut wegen des Krieges in der Ukraine, der in Moskauer Lügenlesart ja keiner ist; und Putin schleicht als „Chinas Pudel“ vom Platz.
Man muss kein großer Psychologe sein, um zu wissen, dass einer wie Putin so etwas nicht auf sich sitzen lässt. Schuld an seiner Misere sind in der klassischen Schuldumkehr die Ukraine und der Westen.
Wladimir Putin wolle den Krieg beenden – diesen „Eindruck“ orakelte der türkische Möchtegern-Vermittler Recep Tayyip Erdoğan, der Putin in Asien traf, dann diese Woche am Rande des UNO-Sicherheitsrats. Heerscharen aufgeregter Beobachter in New York witterten flugs die Kriegswende.
Ja, Putin will den Krieg beenden. Aber nach seinen Vorstellungen. Die Teilmobilisierung, die er nun verkündete, die Möglichkeiten, die er immer noch hat, die Drohungen, „alle verfügbaren Mittel“ einzusetzen, verheißen nichts Gutes.
Nun werden viele sagen: Das kommt davon, weil man nicht auf Putin zugegangen ist, weil die Ukraine aufgerüstet wurde und sich verteidigt. Schuldumkehr, Teil 2.
Frage: Wie hätte der Westen denn reagieren sollen, als Putin seine Armee aufmarschieren ließ und den NATO-Abzug aus Osteuropa forderte? Entschuldigung, wir gehen ja schon? (Die NATO steht dort, weil die früheren Ostblockstaaten sie aus gutem Grund gerufen haben). Wie hätte die Ukraine reagieren sollen, als die russische Armee das Land überfiel und Millionen in die Flucht trieb? Ja, nimm halt den Osten, aber dann sei wieder lieb, russischer Bär?
Und den Massenmord, den Wladimir Putin seit sieben Monaten in der Ukraine begeht, untermalt mit krausesten Weltverschwörungstheorien und Bekundungen, die russische Erde zurückzuholen, den hätte man mit Verhandlungen über die Forderungen des Weltverbrechers beantworten sollen – Hauptsache, wir frieren nicht im Winter?
Abschreckung funktioniert nur, wenn man bereit ist, die Mittel einzusetzen, die schrecken. Der Westen muss Putin gerade jetzt noch mehr Entschlossenheit entgegensetzen und ihm zeigen, dass er mit seinem Krieg, mit seinen Nuklear-Drohungen nicht durchkommt, sondern dass er sich sein eigenes Grab schaufelt. Nicht der Westen will Russland zerstören, wie Putin weltfremd lamentiert. Er selbst reißt Russland in den Abgrund. Als Held in Zaren- und Stalin-Tradition wollte er in die Geschichte eingehen. Das geht sich bald nicht einmal mehr in Russland aus.

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