PRO:
Als Teenager bin ich einst auf den Wiener Mexikoplatz getingelt, um mir jedes Jahr zu Silvester eine Schachtel mit 100 Piraten zu kaufen. Danach warfen wir diese in Kanalschächte oder Telefonzellen. Was schon damals blöd war, ist heute noch viel ärger. Böller, deren Sprengkraft fast schon jene von Handgranaten erreicht, sind leicht erhältlich. Notfalls in Tschechien oder im Internet.
Heute fragen wir uns als Reporter nur noch, in welchem Bundesland als erstes eine Hand oder ein Auge fehlt. Es ist keine Frage, ob es passiert, sondern nur wo und wann. Durch den Alkoholkonsum zu Silvester wird das alles nur weiter verschärft.
Haustierbesitzer fürchten sich ohnehin jedes Jahr vor der schlimmsten Nacht des Jahres. Manche flüchten mit ihren Hunden aus der Großstadt, andere geben ihren Lieblingen Cannabis-Tropfen. Auch Wildtiere leiden enorm unter dem Bumm-Bumm.
Wer nur ein wenig nachdenkt, wird in Zeiten von Kriegen wie in Israel oder der Ukraine ohnehin freiwillig auf kriegsähnliche Böller verzichten. Für alle anderen sollte es ein Verbot geben. Ganz ehrlich, gibt es irgendein gutes Argument für die Kracher? Außer dass ein paar dummen Buben, wie ich einst einer war, der Spaß genommen wird?
Ein generelles Böllerverbot wird nicht verhindern, dass in Österreich geknallt wird. Aber es wäre ein Zeichen. Und vielleicht blieben dann ein paar Körperteile dort, wo sie hingehören.
Dominik Schreiber ist Chefreporter und arbeitet seit 1995 für den KURIER.
CONTRA:
Wenn zu Silvester um Mitternacht die Pummerin und der Donauwalzer aus den Radios der Nation erklingen, wird der Himmel in ein buntes Farbenmeer getaucht. Ein neues Jahr hat begonnen, das mit einem ordentlichen Knall begrüßt werden soll. Leider ist dieses Farbenmeer in den vergangenen Jahren immer karger geworden, denn viele Menschen verzichten mittlerweile auf Raketen. Umweltschutz und leidende Haustiere sind meistens die Gründe dafür.
Aber ist es nicht schade, wenn man um Mitternacht vor die Haustüre tritt und der Himmel schwarz bleibt? Ich finde schon. Feuerwerk und Knaller zu Silvester sind eine Tradition, die leider – wie so viele andere – langsam verloren geht. Wie zum Beispiel das Bleigießen. Seit 2018 dürfen wir uns per Gesetz nicht mehr selbst die Zukunft im neuen Jahr vorhersagen. Muss denn alles verboten werden?
Es ist unumstritten tragisch, dass sich jedes Jahr Menschen mit Silvesterknallern schwer verletzen oder sogar sterben. Das liegt aber nicht daran, dass Feuerwerk und Knaller per se gefährlich sind, sondern vielmehr daran, dass hierzulande immer weniger Geschäfte legale, lizenzierte Produkte anbieten. Zum Raketen-Einkauf geht es dann ins Ausland, wo gefährliche, illegale Ware angeboten wird. Und die wird dort trotz eines möglichen Verbots weiterhin verkauft werden – und von Österreichern gekauft. Das Einzige, das ein generelles Silvesterknaller-Verbot bringen würde, ist das Aus einer schönen Tradition.
Birgit Seiser ist Reporterin in der Chronik.
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