Okay, man soll so eine schwierige Frage nicht mit einer Gegenfrage beantworten. Whataboutism kommt nicht gut an, auch wenn er manchmal auf Widersprüche hinweist.
Warum also weiter in die USA reisen? Obwohl es an der Grenze zu Problemen kommt, wenn man sich negativ über Trump geäußert hat. Obwohl es empörend ist, dass Transgender-Personen nicht einreisen dürfen (der US-Präsident lässt nur zwei Geschlechter zu). Erstens ist das Land bei aller politischen Schieflage keine Diktatur. Es garantiert (noch) per Verfassung die Meinungsfreiheit. Zweitens, weil persönliche Begegnung zählt. Ausgewanderte Freunde zu besuchen, ein Stück Europa zu ihnen zurückzubringen, ist ein ganz persönlicher Grund. Allgemein gesprochen: Wer reist, zeigt Interesse und baut Brücken. Es wäre doch nicht schlecht, den Bürgern und Bürgerinnen zuzuhören, mit ihnen zu reden. Und auch seine Sicht der Dinge zu erklären. Es wäre gut, die Wände nicht weiter hochzuziehen. Reisen schafft Öffentlichkeit.
Drittens sind doch nicht alle US-Amerikaner Trump-Anhänger. Ja, es sind viele, aber das Land ist groß, vielfältig, widersprüchlich. Wer wegschaut, verpasst auch das.
CONTRA
Johanna Kreid, stv. Ressortleiterin Chronik
Um Missverständnissen vorzubeugen: Dies ist kein Anti-Amerika-Text. Im Gegenteil, hat Ihre Autorin doch schon in jungen Jahren ihr Herz an die USA verloren.
Dies ist auch kein Plädoyer gegen Fernreisen. Freilich, Fliegen schadet der Umwelt. Doch Zeit und Geld reichen in der Regel ohnehin nicht fürs permanente In-die-Ferne-Schweifen. Hat man von beidem ausreichend angespart, rentiert sich eine Investition in eine Reise allemal: Fremde Länder zu erkunden, erweitert den eigenen Horizont, die Erinnerungen sind überhaupt unbezahlbar. Und von Bildung, Weltoffenheit und vom Denken über den eigenen Gartenzaun hinaus profitiert auch die Gesellschaft als Ganzes.
Doch Stichwort Gartenzaun: Aktuell drängt sich der Eindruck auf, dass das Interesse eines gewissen Präsidenten genau dort endet.
Dass es darum geht, möglichst brachial und unter größtmöglicher Wurschtigkeit gegenüber allen anderen Beteiligten seine Interessen durchzusetzen. Dass es nicht darum geht, Freiheit und Wahrheit zu verteidigen, sondern nur das, was sie als solche definieren. Und dass sein in Europa so viel geschmähter Vor-Vorgänger George W. Bush im Vergleich wie ein intellektueller Humanist erscheint.
Und da wären wir wieder bei den Stichworten Zeit und Geld: Gefühlt hat man von beiden immer zu wenig.
Dieser Text ist ein daher ein Plädoyer, das wenige, das man davon hat, sorgsam zu investieren. Die Welt entdecken und dabei lernen kann man auch anderswo.
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