PRO
Im Grunde lohnt sich bei jeder Sportart, die man selbst beherrscht, sie den eigenen Kindern beizubringen. Auch Skifahren. Bewegung – idealerweise in der Natur – ist der Schlüssel zur Gesundheit bis ins hohe Alter. Auf der anderen Seite gibt es keine Sportart – abgesehen vom Schwimmen –, die Kindern beigebracht werden muss. Auch nicht das Skifahren. Auch nicht in Österreich.
Leider ist Skisport für viele in der aktuellen Form nicht mehr leistbar. Doch wer wirklich will, kann sich mit gebrauchtem Equipment, Jause statt Skihütte, Anreise mit Klimaticket, Couchsurfing und – bei mehr als zehn Skitagen – einem Saisonticket aushelfen. Es muss nicht immer das 4*-Wellnesshotel in Gehweite zum Skilift sein. Meistens gibt es die Möglichkeit, mit dem Bus zur Talstation zu gelangen.
Tragen wir durch das Skifahren zum Klimawandel bei? Auch. Wobei für 80 Prozent des CO₂-Ausstoßes im Wintertourismus die Anreise verantwortlich ist – das kann man ändern. Stattdessen im Winter nach Dubai oder Thailand zu jetten, kann wohl nicht die Lösung sein.
Eines fällt auf: Die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Skifahrens wird meist von Wien aus gestellt. Verschiebt man den Blickwinkel in Bergregionen, sieht man Skischulen und Zauberteppiche, die Familien als Treffpunkt dienen. Wie Spielplätze in der Großstadt. Für sie steht außer Frage, ob es sich lohnt, dem Kind Ski fahren beizubringen. Ob es dranbleibt, ist ohnehin dessen eigene Entscheidung. Es als Erwachsener zu lernen, ist ungleich schwerer – und teurer.
Karoline Krause-Sandner ist Sport-Redakteurin und Mutter von zwei Kindern.
CONTRA
Der ältere Sohn fährt nächste Woche auf die Skiwoche. Die Freude darüber hält sich bei ihm in Grenzen. Als gebürtiger Wiener, der den Schnee ein paar Mal (wenn auch) im Jahr live sieht, und obendrauf Handballer, hat er überhaupt keinen Bezug zum Skisport. Auch die Freude der Eltern ist durch den „Schnäppchenpreis“ von 400 Euro plus das Kleingeld für das nötige Gewand, das wohl nur einmal getragen werden dürfte, getrübt.
An dieser Stelle wird jemand sagen, die Teilnahme sei nicht verpflichtend. Stimmt. Was aber verpflichtet, ist der Gruppenzwang. Apropos Gruppenzwang: Diesen verspürt man in Österreich, wenn es um Skifahren geht, immer noch. Das Skifahren ist in diesem Land immer noch ein Selbstverständnis. Trotz schneefreier Pisten. Trotz horrender Preise. Trotz Ischgl. Trotz allem.
Dabei wissen auch die Kinder schon, dass mit den schmalen, weißen Streifen in den österreichischen Bergen etwas nicht stimmt. Sie sind nicht natürlich und daher falsch. Ebenso wie die künstlichen Skihallen in Dubai oder die Fußball-WM in Katar kurz vor Weihnachten. Sind das nicht die Dinge, die uns empören? Sehr wohl, denn sie passieren nicht vor unserer Haustür. Wenn es aber um unsere Gemütlichkeit geht, steigt die Toleranzgrenze. Wie lange werden wir das noch so handhaben? Wohl solange wir Strom haben. Oder nicht den Mut zusammennehmen, um unseren Kindern mitzuteilen, dass das Skifahren kein Selbstverständnis mehr ist und wir umsatteln müssen.
Mirad Odobašić ist Allrounder beim KURIER und Vater zweier Kinder.
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