Duftkerzen und Schaumbäder helfen jetzt niemandem mehr

Duftkerzen und Schaumbäder helfen jetzt niemandem mehr
Was wir schon vor Monaten gebraucht hätten: Den Mut, auch Unpopuläres durchzusetzen

Lockdown-Status-Quo: Drei Kinder zu Hause, dazu die beiden berufstätigen Eltern, also mein Mann und ich, im Homeoffice. Dass das kein Ayurveda-Retreat auf Bali ist, kann sich vielleicht manche Familie vorstellen. Wir sitzen ja alle im gleichen Boot und rudern um unsere (psychische) Gesundheit.

Das älteste Kind geht ins Gymnasium und würde eigentlich von Montag bis Freitag laut Stundenplan vor dem Bildschirm sitzen, hätte es nicht Corona und einen echt fiesen Verlauf. So siecht es auf dem Sofa dahin und braucht nicht viel. Das mittlere Kind hat ein Lernpaket mit nach Hause bekommen, das unwillig, aber doch tagtäglich absolviert wird. Dieses Kind ist die Corona-Beauftragte der Familie und schaukelt die Antigen-Tests verschiedenster Hersteller mit links. Ansonsten sind wir einfach nur glücklich, dass wir in der Garage eine Klimmzugstange gefunden haben. Denn dieses Kind braucht sehr viel Bewegung. Das Trampolin im Wohnzimmer reicht schon lange nicht mehr.

Spielen und Streit schlichten

Das jüngste Kind verbringt die Tage in bester Laune, spielt, bastelt, turnt, singt. Dazwischen koordinieren wir Erwachsene Telefonate, Videokonferenzen und Arbeitszeiten, bereiten 37 Mahlzeiten und Snacks zu, putzen, räumen drei Mal pro Tag den Geschirrspüler ein und aus, schlichten Streit, viel Streit.

Wenn ich derzeit von Selfcare-Tipps und Wohlfühl-Momenten mit Duftkerzen, Schaumbädern und positiven Affirmationen lese, bin ich knapp davor, ausfällig zu werden. Alles, was wir schon vor Monaten in dieser Pandemie gebraucht hätten, wäre eine klare Haltung der politischen Verantwortungsträgerinnen und -träger gewesen, und den Mut, auch Unpopuläres durchzusetzen. Vielleicht dann bei der fünften Welle?

Duftkerzen und Schaumbäder helfen jetzt niemandem mehr

Claudia Stelzel-Pröll ist KURIER-Redakteurin in Oberösterreich

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