Fräulein Anjas Geruch für Schnee

Fräulein Anjas Geruch für Schnee
Smells like – nein, nicht teen spirit –, sondern Schnee. Wer das Gegenteil behauptet, lügt
Anja Kröll

Anja Kröll

Jedes Jahr liegt er aus dem Nichts plötzlich in der Luft: Der Geruch von Schnee.

Heuer hab ich ihn am Weg zum Briefkasten an einem Freitagmorgen zum ersten Mal erschnuppert. Der Wind drehte, ich reckte die Nase nach oben und wusste: Er kommt. Bald. Ganz bald.

Nicht ein paar Flocken, sondern der richtige Schnee. Der, für den man die Schneeschleuder vor das Auto stellen muss, weil man nicht zuerst schaufeln will, um das Auto überhaupt aus der Garage manövrieren zu können, ehe die Schneeschleuder dann in die Pole Position gelenkt wird.

Man kann Winter mögen oder nicht, aber Schnee ist toll. Punkt.

Wussten Sie etwa, dass jede Schneeflocke ein Unikat ist? Bisher wurden jedenfalls keine zwei Flocken entdeckt, die sich ähneln. Die gemeine Schneeflocke hat einen Durchmesser von circa fünf Millimetern. 1887 soll in Montana allerdings eine mit einem Durchmesser von 38 (!)Zentimetern gefallen sein.

Wie man eine schnellschmelzende Flocke vermisst, sei dahingestellt.

Einem Schneeforscher (Traumberuf im nächsten Leben) gelang es dabei als erstem Menschen, Schneekristalle unter einem Mikroskop zu fotografieren. Mehr als 5.000 Schneekristalle knipste er, 2.400 Fotos erschienen sogar in Buchform.

Doch wer zu Schnee recherchiert, der findet mitunter auch solch schockierende Sätze: „Schnee ist Wasser und damit geruchslos.“

Wie bitte? Wer immer diese Worte geschrieben hat, war nie in meinem Bergdorf. Der kann zwar danach relativieren, dass Schneeflocken Aerosole oder Algen einschließen, die einen Eigengeruch mitbringen, aber überzeugen tut er nicht.

Vielleicht muss er sich einfach einmal an einem Freitagmorgen auf den Weg zum Briefkasten in 1.200 Meter Seehöhe machen.

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