Die tanzende Oma und ihr Traum von Capri

Die tanzende Oma und ihr Traum von Capri
Warum die Oma Capri so sehr gespürt hat wie kaum ein anderer Italien-Reisender.
Anja Kröll

Anja Kröll

Heuer ist es wieder so weit. Heuer verreisen wir wieder. Weil das Virus bis zum Herbst weg und der Sommer da ist, werden die Koffer gepackt.

Meine Oma ist geschätzt zweimal in ihrem Leben verreist. Also mit dem Flieger. Und am weitesten nach Spanien.

Aber in ihren Gedanken, da war die Oma ganz oft an ihrem Sehnsuchtsort. Im Radio lief dann Vico Torriani, und die kleine Oma mit der Oma-Locken-Frisur und diesen vor Lebenslust glitzernden, braunen Augen tanzte dann durch die Küche und sang voller Inbrunst: „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt und vom Himmel die bleiche Sichel des Mondes blinkt.“

Wenn ich die Oma gefragt habe, ob sie nicht einmal im echten Leben nach Capri fahren möchte, gab sie nie eine klare Antwort.

Die Oma hat dann vielmehr erzählt, was es alles auf Capri gibt. Die berühmte Blaue Grotte, bei deren Einfahrt man sich gaaaanz klein im Boot machen muss, um hineinzukommen. Und das auch nur, wenn der Seegang nicht zu wild ist.

Oder die Via Krupp, dieser spektakuläre Weg, der sich in Serpentinen hinab zum Meer schlängelt. Und natürlich die gut 90 Meter steil aus dem Meer herausragenden Faraglioni-Felsen, die einst Seefahrern den Weg wiesen.

So, als wäre die Oma dort gewesen. Und im Gedanken verreiste man mit der Oma. Dort, in der Küche mit dem Linoleum-Boden und dem Herd, auf dem immer Töpfe mit Essen standen, war man Italien plötzlich ganz nahe.

Im September werden wir wirklich nach Capri fahren. Ohne die Oma. Die gibt es nicht mehr. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das echte Capri-Feeling mich nie so prägen wird wie das Capri-Küchen-Flair der kleinen Oma mit den Locken.

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