Die schönsten Früchte werden oft am wenigsten beachtet
Glücklich ist, wer einen hat: Der Obst- und Gemüsehändler um’s Eck lockt nicht nur mit farbenprächtigen Körben voll saisonaler Köstlichkeiten, sondern ist auch ein beliebter Dreh- und Angelpunkt für den Grätzeltratsch. So winkt unserer aufmerksam, wenn wir vorbeifahren und mein Mann bleibt gerne für ein paar Sätze bei ihm stehen.
Zuletzt kehrte er aber mit bedrücktem und nachdenklichem Gesicht vom Zwischenstopp bei seinem Kumpel zurück. Bei ihren Gesprächen erzählte dieser immer wieder von seinem Sohn, der wie unsere Tochter etwa drei Jahre alt ist: Er hat Sprachprobleme. Dann stellte sich heraus, das Kind braucht ein Hörgerät, für das die Krankenkassa nur zum Teil aufkomme.
Zuletzt schüttete der Obsthändler meinem Mann sein Herz aus ... Die Pandemie und das karge Angebot im Winter hatten ihn in finanzielle Bedrängnis gebracht. So sehr, dass er sich die wichtige Logopädie-Therapie für seinen Sohn kaum noch leisten konnte.
Der Wunsch, seinem lieb gewonnenen Bekannten zu helfen, bescherte meinem Mann schlaflose Nächte. Wir sammelten Tipps für Hilfsangebote, Förderungen und Anlaufstellen. Zu allem Übel ging dem armen Mann auch noch das Auto ein, das er so dringend brauchte, um Waren für sein Geschäft zu besorgen.
Doch alles Unglück hat irgendwann ein Ende. So kehrte mein Mann dieser Tage mit Säcken voll Obst und einem strahlenden Gesicht zurück: Ein neu konsultierter Arzt kann dem Sohn helfen. Dank einer kleinen Operation braucht er das teure Hörgerät nicht mehr. Nun fragte der Obsthändler meinen Mann wieder um Rat – er wollte wissen, wo er das Gerät spenden kann.
Jene, die am wenigsten haben, geben oft am selbstlosesten.
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