Mehr als heiße Luft
COP 27 heißt die UNO-Klimakonferenz, die mehr als 45.000 Teilnehmer (Conference of the Parties) für zwei Wochen im Badeort Sharm el-Sheikh versammelt. Und COP 27 klingt so wie COPD, die fürchterliche Lungenkrankheit, bei der vornehmlich schweren Rauchern irgendwann sukzessive die Luft ausgeht.
Die Ähnlichkeit ist zufällig, aber das Bild, das vermittelt werden soll, stimmt: Die Welt hat im übertragenen und im buchstäblichen Sinn zu viel geraucht, jetzt droht ihr die Luft wegzubleiben, wenn nicht im letzten Moment noch etwas geschieht.
Weil die bisherigen 26 Konferenzen von Klimaschützern und sie flankierenden Medien gerne mit dem originellen Attribut „heiße Luft“ versehen wurden, durfte aus dem ägyptischen Seebad gleich ein Erfolg über die Agenturen tickern: Die Konferenz einigte sich, das Thema Finanzentschädigungen für klimabetroffene ärmere Staaten als eigenen Punkt auf die Agenda zu setzen …
Eh toll. Und gar nicht unwichtig – gerade erst hat Pakistan quasi als Katastrophen-Role-model erleben müssen, was klimawandel-bedingte Überflutungen heißen können.
Aber ist die Agenda schon ein Erfolg? Was soll so ein Massenauftrieb von Experten und Politikern überhaupt bringen? Noch dazu, wo wichtige Big Player wie der chinesische Präsident gar nicht dabei sind? (Den russischen will man nicht einmal bei einer Klimakonferenz, obwohl man auch nichts daran findet, im Land des Herrn Al Sisi zu konferieren.)
Die COP 27 wird keine Weitwürfe bringen. Aber sie wird durch die neuerliche Befassung mit den bedrohlichen Umweltdaten, der schon 1,15 °C über der vorindustriellen Zeit erwärmten Erde, der Gletscherschmelze, dem Meeresspiegelanstieg ein Bewusstsein wecken beziehungsweise schärfen.
Denn das Bewusstsein ist, anders als es notorische Kassandrarufer (mitunter mit fragwürdigen Daten) und Klimakleber (mit kriminellen Handlungen) kontraproduktiv insinuieren, längst da. In der Bevölkerung, in der Wirtschaft, in der Politik, zumindest in unseren Breiten. Autokonzerne stellen in absehbarer Zeit die Verbrennermotorenproduktion ein, Windräder werden in die Landschaft gepflanzt, dass es nur so rauscht, die Menschen suchen, auch aufgrund des Putin-Feldzuges, unter Förderungs-Füllhörnern nach Energie-Alternativen.
„Die Menschheit hat eine Wahl: kooperieren oder umkommen“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres zum Auftakt in Sharm el-Sheikh. Stimmt. Aber die Menschheit ist eben von vielen Menschen und ihrem Umfeld abhängig – die Klimakleber müssten sich mal in China ankleben oder in Indien (und schauen, wie das dort ankommt) – dort ist beim Bewusstsein noch Luft nach oben. Die COP 27 kann, wie alle Konferenzen, niemanden zwingen. Aber sie kann – sachlich – Bewusstsein schaffen. Das ist mehr als heiße Luft. Und produktiver als Superkleber.
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