Make America trade again

Make America trade again
Europa muss sich nach Trump wieder mit den USA arrangieren

Auch wenn der Aktienmarkt boomt, könnten die ökonomischen Lasten und Herausforderungen für den designierten US-Präsidenten Joe Biden nicht größer sein. Von der neuen US-Administration wird ein Kurswechsel zu Multilateralismus, Kooperation und Diplomatie erwartet.

Der innenpolitische Druck, der angeschlagenen US-Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen, ist groß. So wird auch der neue US-Präsident in Versuchung geraten, die US-Industrie unter dem Slogan „Buy American“ vor ausländischer Konkurrenz abzuschotten und anzukurbeln. Mit diesen Bestrebungen ist aber bereits sein Vorgänger gescheitert.

Auch die Probleme mit den Ungleichgewichten im internationalen Handel konnten nicht gelöst werden. Unter Trump ist vor allem der Handelskonflikt mit China eskaliert, und die transatlantische Partnerschaft ist durch protektionistische Maßnahmen und Androhungen erheblich abgekühlt. Die Geduld der Europäer scheint erschöpft zu sein. So will die EU, ungeachtet des Machtwechsels im Weißen Haus, neue Strafzölle auf US-Waren einführen. Das grüne Licht der Welthandelsorganisation (WTO) für diese Ausgleichszölle kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt.

Eine heikle und zugleich kostspielige Entscheidung und ein falsches Signal zur Begrüßung des designierten Präsidenten angesichts eines glaubhaften Interesses auf eine wirtschaftspolitische und außenwirtschaftliche Kehrtwende. Doch in diesem Widerspruch wird der gemeinsame Konsens, die transatlantischen Beziehungen wiederzubeleben und sogar zu vertiefen, als Anfang einer neuen globalen EU-US-Partnerschaft gefeiert.

Die Ankündigungen Bidens, dem Pariser Klimaschutzabkommen wieder beizutreten, erneuerbare Energien zu forcieren und die USA bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral zu machen, lassen vermuten, dass die USA unter seiner Präsidentschaft in Bereichen wieder zu einem Partner für nachhaltige und zukunftsfähige Politik werden können. Dafür müssen allerdings die Handelsstreitigkeiten schnellstmöglich beiseitegelegt werden. Erst dann können potenzielle gemeinsame Interessensfelder, wie eine Reform der WTO oder das gemeinsame Vorgehen gegenüber China, vorangetrieben werden.

Die unterschiedlichen Erwartungen beidseits des Atlantiks und gegensätzliche Interessen in gewissen Bereichen werden bestehen bleiben. Dennoch könnte ein kooperativerer Zugang es ermöglichen, ernsthaft über Interessensgegensätze, wie eine Besteuerung von Digitalunternehmen, zu verhandeln. Die Chance auf einen transatlantischen Kurswechsel lebt. Jetzt muss auch die EU ihre geopolitischen Hausaufgaben machen und sich in dem schwierigeren internationalen Umfeld strategisch (richtig) positionieren.

Elisabeth Christen ist Außenhandelsexpertin im WIFO.

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