Anonymes und Anklagen

Vier Jahre Verfahrensdauer, Tausende Seiten an Ermittlungsakten, 30 Zeugen: Man kann sich trefflich über Dauer und Dimension des Verfahrens gegen Sebastian Kurz echauffieren – umso mehr, als der Ex-Kanzler am Ende freigesprochen wurde. Von einer Ohrfeige für die Ankläger war mancherorts zu lesen. Aber das ist nicht nur in der Sache falsch (beim Kurz-Vertrautem Bonelli blieb es ja beim Schuldspruch). Der Anwurf ignoriert vor allem eine im Grunde erfreuliche Tatsache, nämlich: dass es heute genau keine Frage ist, ob die Justiz gegen namhafte Politiker ermittelt, Strafverfahren führt oder Prozesse abhält. Derlei passiert ganz selbstverständlich. Und weil Anklagen halt noch kein Urteil darstellen und weil in Österreich – im Unterschied zu Moskau oder Pjöngjang – Gott sei Dank keine Scheinprozesse abgehalten werden, kann man den ersten Kurz-Prozess auch zum Anlass nehmen zu befunden: Der Rechtsstaat funktioniert sehr ordentlich – und das für alle Bürger gleich.
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