Kurz-Schluss: "Nichts sehen, nichts hören"

Der Kanzler kannte die Nähe von FPÖ-Mitarbeitern zu Rechtsextremen nicht? Unglaubwürdig.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Sebastian Kurz beschäftigt seit Jahren viele Mitarbeiter damit, die Medien genau zu beobachten, um stets entsprechend zu reagieren. Da ist es undenkbar, dass in seiner Umgebung niemals von der Nähe gewisser FPÖ-Funktionäre und Mitarbeiter zu rechtsextremen Organisationen oder Medien gesprochen wurde. Denn genau darüber wurde regelmäßig geschrieben, vor der Wahl, bei der Besetzung der Kabinette in den FPÖ-Ministerien, oder im Zusammenhang mit rechten Medien unter dem Einfluss von FPÖ-Mitgliedern. Auch muss der Kanzler gewusst haben, dass FPÖ-Generalsekretär Kickl im Oktober 2016 sich über Identitäre beim Kongress der „Verteidiger Europas“ in Linz freute. Er hat ihn trotzdem als Innenminister akzeptiert. Kurz hätte auch das Buch von Hans-Henning Scharsach aus dem Jahr 2017 „Stille Machtergreifung“ mit vielen Details lesen lassen können. Seine Erregung, erst jetzt, nach der Spende des Terroristen an die Identitären die Zusammenhänge zu sehen, ist nicht glaubwürdig.

Dabei geht es nicht nur um organisatorische Verbindungen. Kurz muss auch beobachtet haben, dass die Argumentationslinien im rechten bis rechtsextremen Lager immer gleich verliefen. FPÖ-Klubobmann Gudenus kannte „stichhaltige Gerüchte“, wonach George Soros die „Massenmigration nach Europa“ mitorganisiert habe. In rechtsextremen Medien wird Soros unverblümt antisemitisch attackiert. Eine Website im FPÖ-Umfeld fragte: „Ist Kurz von Soros finanziert?“ Inzwischen wird dort in Postings der Chef der Identitären statt Kurz als Kanzler verlangt.

Für Björn Höcke, Thüringens AfD-Chef sind Werte wie die Menschenrechte „aufgeblasener Werteschaum“. Kickl und andere stellen die Menschenrechtskonvention infrage. Die Identitären reden vom „großen Austausch“ der Bevölkerung, FPÖ-Denker Mölzer von „Ethnomorphose“, früher „Umvolkung“. Die Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen. Es geht nicht um einen „rechten Narrensaum“, sondern um eine ideologische Nähe, die eine Abgrenzung zwischen Teilen der FPÖ und Rechten unmöglich macht.

Integration muss man wollen

Sie verbindet auch, dass sie keine Integration wollen. Die einen argumentieren völkisch, Kickl handelt bürokratisch – Asylwerber sollen ausgegrenzt werden. Wenn es endlich funktioniert, dass manche Hilfsarbeiten machen, fährt er mit den 1 Euro 50 dazwischen. Dabei wäre so vieles bei der Integration zu tun, weil es viele Versäumnisse gibt, natürlich auch von der SPÖ. Es dürfen keine Parallelgesellschaften entstehen, alle müssen Deutsch lernen, islamische Mädchen müssen turnen gehen, Lehrerinnen und Lehrer brauchen viel mehr Unterstützung. Und so weiter. Aber Integration muss man wollen, und ein Teil der internationalen Rechten bekämpft diese. Auch das sollte der Kanzler schon länger verstanden haben.

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