Peinlich, peinlich: Die Parteien sind nackt

SPÖ und ÖVP versuchen, so viel Macht zu halten, wie geht. Und verstehen nicht, dass sie dem Land schaden.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Der Wahlkampf um das Amt des Bundespräsidenten hat die politische Lage gut gespiegelt.

von Dr. Helmut Brandstätter

über die nackten Parteien

Nur ein Kind traute sich zu rufen " Der hat ja nichts an", als der Kaiser seine angeblich neuen Kleider ausführte. Aber plötzlich rief das ganze Volk: "Der Kaiser ist nackt"! So befreiend wie dieser Ruf in Hans Christian Andersens Märchen war das Lachen des Publikums, als Rudolf Hundstorfer im Fernsehen beteuern wollte, er wisse nicht, wer von seinen Spitzenbeamten SPÖ-Mitglied ist. So ganz dumm beschwindeln lassen sich die Österreicher nicht mehr. Allzu viele arbeiten in Ämtern oder staatsnahen Betrieben, wo SPÖ und ÖVP peinlich genau darauf achten, dass nur ihre Parteigänger eingestellt und befördert werden. Kaum kommt die FPÖ irgendwo an die Macht, wie zuletzt im Burgenland, agiert sie um nichts besser, und die Grünen wissen auch, wie es geht. Die hohe Zustimmung zu Irmgard Griss kommt zweifellos daher, dass nur sie glaubwürdig über den Machtmissbrauch der Parteien sprechen konnte.

In Österreich wurde der lateinische Ursprung des Wortes Partei nie verstanden. Eine parlamentarische Demokratie ist ja gar nicht denkbar ohne Zusammenschlüsse von Gleichgesinnten, wir brauchen Parteien. Aber eben solche, die mit Programmen und Personen überzeugen, und keine Macht-Haberer, die ihre Bedeutung aus Posten und Packeln beziehen.

Der Wahlkampf um das Amt des Bundespräsidenten hat die politische Lage gut gespiegelt. Diskussionen darüber, was das Staatsoberhaupt in Extremsituationen tun darf, überlagerten Ideen zur weiteren Entwicklung des Landes. Nur Norbert Hofer zeigte ziemlich unverblümt seine Ablehnung der Europäischen Union – er würde wieder gegen einen Beitritt stimmen. Die Konsequenzen eines Ausscheidens Österreichs aus der EU sprach aber niemand an, ebenso wenig die Alternative zu einer europäischen Einigung. Bei Hofer ist das verständlich, denn da müsste man einmal genau hinschauen, wie sich die FPÖ die Zukunft Österreichs vorstellt.

Inhaltsleere Postenbesetzer

Neben dem rechtsextremen Front National (FN) wurde die junge Alternative für Deutschland (AfD) ein enger Bündnispartner der FPÖ. Während beim FN schon bekannt ist, dass es finanzielle Kooperationen mit Russland gibt, beschränkt sich die AfD auf freundschaftlichen Kontakt mit der Partei von Staatspräsident Putin. Auf der von Russland besetzten Krim trafen sich kürzlich die Jugendorganisationen, laut Spiegel war auch die FPÖ vertreten. Da werden Freundschaften gepflegt, deren Ziel die Zerstörung der EU und ein vom autoritär regierten Russland dominiertes Europa sind, und die FPÖ mittendrin. Das regt aber in Österreich die anderen Parteien nicht auf, dazu hat niemand Zeit, es sind ja gerade Posten zu besetzen, ein Ministerialrat hier, von dem kein Minister etwas weiß, ein Vorstandsdirektor dort.

Das wäre alles noch erträglich, wenn die Postenvermittler wenigstens wüssten, was aus unserem Österreich werden soll. Aber die Parteien sind nackt – oder höflich gesagt: ohne Ideen und inhaltsleer.

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