Heim nach Istanbul?
Schärfere Grenzen gegen Demo-Missbrauch sind überfällig. Grenzüberschreitungen à la Erdoğan eine Sackgasse.
über Pro-Erdogan-Demos in Wien
"Schickt alle heim nach Istanbul" – Austrotürken, die für Erdoğan sind, hätten in Österreich nichts zu suchen. Also sprach der einzige grüne Bundesrat im Frühjahr 2013, als Zehntausende Türken bei dessen Wien-Besuch dem "Sultan" zujubelten. Das Fundstück aus den Tiefen des KURIER-Archivs (gestern von einer Userin via Facebook neuerlich massenhaft geteilt) schaffte es gestern Vormittag zur meistgeklickten Story.
Der Grün-Politiker ist längst Geschichte. Die Debatte, wie weit Türken gehen dürfen,wird aber heißer denn je geführt. Im Windschatten von Putsch und Gegen-Putsch zogen jüngst Tausende nächtens durch Wien. Der Jubel über den gescheitert Staatsstreich kippte in Wut gegen jene, die mit dem Putsch auch null am Hut haben, aber sich weiter erfrechen, Erdoğan nicht kritiklos anzuhimmeln.
Noch wurde in Wien "nur" der Schanigarten eines kurdischen Lokals zertrümmert. In Istanbul sorgen Erdoğans Schergen für Hexenjagd-Stimmung. Die Bilder von misshandelten Gegnern zeigen: Wer sich gegen den Staatschef stellt, muss mit dem Schlimmsten rechnen.
Antipoden wie Innenminister Wolfgang Sobotka und der Grüne Peter Pilz ließen so gestern unisono via KURIER wissen: Den Türkei-Konflikt zu uns zu tragen, ist "inakzeptabel" (Sobotka) – "Keine türkischen Verhältnisse " (Pilz). Immer mehr Politiker proklamieren zu Recht: Wer das Demonstrationsrecht missbraucht, muss mit Sanktionen bis hin zum Versammlungsverbot rechnen.
Wer aber bloß "Geht heim nach Istanbul" ruft, muss sich freilich fragen lassen, was ihn von Erdoğan unterscheidet. Er ließ selbst die friedliche Demonstranten der "Gezi-Bewegung" gegen die Schleifung eines Parks wegprügeln. Grenzen gegen Demo-Missbrauch setzen, dringend Ja, bitte. Grenzen Richtung Erdoğan überschreiten, aber weiterhin: Nein, danke.
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