Diesmal geht es um "Schau, trau, wem?"

Die Fischer-Nachfolger ist für sechs Jahre die einzige Chance, einen Politiker seiner Wahl zu küren.
Josef Votzi

Josef Votzi

Die Fischer-Nachfolge ist für 6 Jahre die einzige Chance, einen Poliitiker seiner Wahl zu küren: Schau. trau, wem!

von Josef Votzi

über den ORF-Duellmarathon zur Hofburg-Wahl

Für oder gegen Frauenquote, Grenzzaun und TTIP? Eignungstest als Must für Minister? Rentenreform, aber wie? Wer, neu im Land, den Crashkurs in Österreichkunde noch vor sich hat, könnte nach dem ORF-Duellmarathon glauben: Der Bundespräsident braucht den Vergleich mit Putin oder Obama nicht zu scheuen. Auch er hat das große Sagen. Norbert Hofer nutzte diese Bühne, um den stärksten Mann zu mimen: Er hätte die Regierung längst entlassen. Andreas Khol ging am deutlichsten auf Distanz zu diesen "Allmachtsfantasien": "Der Bundespräsident ist der Trainer und nicht die Mannschaft, die die Tore schießt." Die Wahrheit ist auch hier eine Tochter der (Wahlkampf-)Zeit. Entscheidender Unterschied zwischen Fußball und Politik-Welt: Zu Heinz Fischer kommt der Kapitän im Kanzleramt mit der fertigen Liste seiner Elf. Dieser kann – wie zuletzt Thomas Klestil – den einen oder anderen auf Goodwill rausreklamieren. Will er die ganze Mannschaft austauschen, riskiert er seine Abwahl. Denn das letzte Wort hat nicht er, sondern der stärkste Fan-Sektor im Parlament. Hofers Superpräsident-Pose bleibt so Fantasterei für die TV-Arena.

Verlorene Balance und wendiger Slalom

Der Duell-Marathon war dennoch eine gelungene Chance, den künftigen Präsidenten seiner Wahl besser kennenzulernen: Eine souveräne und auffallend lockere Irmgard Griss, die sich in Form und Inhalt treu blieb – für die KURIER-Jury "die Siegerin". Ein Norbert Hofer, der die Balance zwischen sympathisch verbindlicher Pose und erbarmungslosem FPÖ-Dauerfeuer gegen alles, was sich jenseits von Rechtsaußen bewegt, wiederholt verlor. Ein anfangs altersmüde wirkender Alexander Van der Bellen, der beim "Speed-Dating" aber zunehmend in Fahrt kam und seine Atouts, Gelassenheit und Pointensicherheit, ausspielte. Ein unrunder Rudolf Hundstorfer, der seine joviale Art vergessen und körperlich spürbar machte, dass er den Abend als letzte Chance sah, um doch in die Stichwahl zu kommen. Ein Andreas Khol, der wie ein junggebliebener Tiroler Skilehrer den Themen-Slalom stilsicher absolvierte ohne ein Tor umzuwerfen, aber das Gefühl bestärkte: Für ihn ist der Slalom alles, das Ziel Nebensache.

Für die mehr als 1 Million unentschlossener Wähler waren die TV-Duelle ein gute Entscheidungshilfe. Denn die Hofburgkür ist für die nächsten sechs Jahre die einzige Chance, ein Staatsamt mit der Person seiner Wahl zu besetzen. Mit seinem Kreuz auf den sonst üblichen Partei-Listen kauft man die Katze im Sack: Minister und Parteichefs kommen und gehen. In der ÖVP betrug die Halbwertszeit des Obmanns zuletzt zweieinhalb Jahre. Die Kompetenzen des Staatsoberhaupts sind überschaubar. Seine tatsächliche Macht ist das gesprochene Wort vor und hinter den Kulissen. Nach zwölf Amtsjahren sagen auch frühere Gegner Heinz Fischer zu Recht nach: Der 77-Jährige war international ein hoch angesehener Türöffner für die Wirtschaft und Botschafter Österreichs. Bei der einzigen Direkt-Wahl eines Politikers am 24. April und 22. Mai gilt so mehr denn je: Schau, trau, wem.

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