Die Hoffnung auf gute Nachrichten lebt
Das geplante Integrationsjahr ist hochambitioniert: Flüchtlinge sollen nicht mehr herumlungern müssen.
Der Regierungsplan ist hochambitioniert:Flüchtlinge sollen nicht mehr herumlungern müssen.
Es raunt der schwarze Chor: "Jetzt kommt Rot-Grün-Pink." – Rot tönt zurück: "Unsinn, wir wollen nur nicht mehr durch Schwarz erpressbar sein." – Schwarz kontert: "Alles Nebelgranaten, in Wahrheit kommt Rot-Blau..." Rot empört sich: "Gräuelpropaganda, die nur vom Versagen ablenken will, dass..." – Schnitt, Ende Aus, biiiitttteeee – dieses Gezeter kann nicht einmal die eigene Parteibasis mehr hören.
Es gibt dieser Tage aber auch gute Nachrichten aus dem Regierungsviertel: Die Hoffnung auf wichtige sachpolitische Weichenstellungen lebt. Die Chancen dafür scheinen sogar aussichtsreicher denn je. Denn nach der abgesagten Scheidung ist Arbeitstherapie angesagt. Die reine Inszenierung (alle unterschreiben einen neuen Koalitionspakt) wird da nicht reichen, sonst erleiden Kern & Mitterlehner ein Hundstorfer-&-Khol-Schicksal. Die Regierung ist jetzt zum Arbeiten oder zum totalen Absturz verdammt. Das beschert uns plötzlich dort Bewegung, wo seit Monaten die Fronten festgefahren waren. Seit Mitte 2016 liegt der Vorschlag von Sebastian Kurz für ein Integrationsgesetz auf dem Koalitionstisch. Statt ernsthaft verhandelt, wurden öffentlich nur Propagandasprüche deklamiert. Seit Anfang der Woche gibt es einen gemeinsamen Aktionsplan, der mehr bietet als populäre Antworten auf wichtige Symbolfragen wie Burka- und Kopftuchverbot.
Vorbild Gastarbeiter-Kinder
Asylwerber mit Aussicht auf einen positiven Bescheid, die aber noch nicht arbeiten dürfen, sollen künftig nicht mehr in Bahnhöfen und Parks herumlungern müssen. Asylberechtigte, die zwar arbeiten dürften, aber oft mangels Qualifikation keinen Job finden, sollen nicht zum weiteren Nichtstun verdammt sein. Sie alle sollen das neue Integrationsjahr absolvieren. Nach dem Vorbild Zivildienst steht am Anfang eine Grundausbildung (im Fall der meisten Flüchtlinge ein Deutschkurs), dann "training on the job" am Programm. In die Praxis umsetzen soll das hochambitionierte staatliche Projekt einmal mehr die Zivilgesellschaft – Rotes Kreuz, Volkshilfe, Caritas und all die anderen NGOs, die schon jetzt ohne großes Aufsehen die Flüchtlingsarbeit vorbildlich stemmen. Noch fand die Regierung keine Zeit, um mit den Praktikern zu reden.
Wenn Gastarbeiterkinder der 60er- und 70er-Jahre erzählen, wie ihre Integration gelungen ist, dann zieht sich durch ihre Berichte ein Muster: Da war ein Mitschüler, eine Lehrerin, ein Nachbarskind, die sich ihrer besonders angenommen haben. Der Generalsekretär des Roten Kreuzes, Werner Kerschbaum, plädierte jüngst im KURIER auch in Sachen Integrationsjahr für ein "Mentoring", also einen Betreuer, der den Asylwerber bei seinem Arbeitstraining begleitet. Denkbar wäre auch, so ein anderer Praktiker, dass ein Zivildiener einen Flüchtling im Dienstalltag quasi Huckepack nimmt.
Alles gute Ideen vom Spielfeldrand der großen Politik zu einem der drängendsten Themen dieser Tage. Jetzt liegt es allein an der Regierung, den selbst aufgelegten Elfmeter auch zu verwandeln.
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