Der Sündenbock der Blauen trägt Schwarz

Erst war es der "Wahlbetrug", jetzt muss ein "Wahlaufruf" für das Scheitern Hofers an der Hofburg herhalten.
Josef Votzi

Josef Votzi

Sündenbock der Blauen trägt nun Schwarz: Nach " Wahlbetrug" muss ein "Wahlaufruf" für Hofers Scheitern herhalten.

von Josef Votzi

über den Umgang der FPÖ mit der Hofburg-Wahl

Erinnern Sie sich noch an die Wahlnacht des 22. Mai? Norbert Hofer befand: Es sei noch zu früh zum Feiern, denn "bei den Briefwahlstimmen wird immer ein bisschen eigenartig ausgezählt". Da lag er noch knapp vorne. Prognosen besagten aber, dass die Briefwahlstimmen Hofer den erhofften Sieg kosten könnten. Also galt es vorsorglich ein Feindbild zu suchen. Die FPÖ wurde rasch fündig: Der augenzwinkernd schlampige Umgang mit Auszähl-Regeln war seit Jahren gängige Praxis. Wo kein Kläger, war bislang auch kein Richter. Die gewünschte blaue Story von der "Wahlfälschung" war damit perfekt. Den Verfassungshütern blieb so gar nichts anderes übrig, als die Wahl aufzuheben.

Vorgestern Nacht war alles anders. FPÖ-Chef Strache ließ wissen: Diese Wahl wird sicher nicht angefochten. Gleiche Lage, konträrer Befund: Auch diesmal war hochoffiziell noch keine einzige Briefwahlstimme ausgezählt. Ob sich alle an die Spielregeln halten werden, konnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand wissen.

Es wäre aber nicht die FPÖ, hätte sie nicht längst einen neuen Sündenbock an der Leine gehabt. Der Schuldige am neuerlichen Scheitern Hofers heißt nicht "Wahlbetrug", sondern "Wahlaufruf": ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner habe mit seinem Bekenntnis, für Van der Bellen zu stimmen, den blauen Sieg verbockt.

Der Professor war für Bürgerliche attraktiver

Was lernen wir daraus? Wahl-Schlampereien werden nur dann an den Pranger gestellt, wenn es der FPÖ in den Kram passt. Und – das ist neu – der Hauptgegner der Blauen trägt ab sofort nicht Rot, sondern Schwarz – zumindest solange deren Chef Reinhold Mitterlehner heißt. Seriöse Wahlanalysen belegen: Hofer hat die Wahl verloren, weil es Van der Bellen besser gelungen ist, schwarze Wähler für sich zu gewinnen. Mitterlehners Votum für VdB spielte dabei nur eine marginale Rolle. Spielentscheidend war, dass ÖVP-Bürgermeister im Dutzend für den Ex-Grünen warben. Seine Bundesländer-Tour von einem Zeltfest zum nächsten hatte zudem Berührungsängste genommen. Der von seiner Herkunft her bürgerliche Professor ist bei bürgerlichen Wählern so am Ende besser angekommen als der mal streichelweiche, mal super bissige blaue Ingenieur.

Schwarze Hochburgen wie Vorarlberg und Tirol waren schon bei der ersten Stichwahl im Mai fest in Händen des Ex-Grünen. Die Zuspitzung im Finale hat den Trend in fast allen Gemeinden in seine Richtung noch verstärkt.

Mit dem Traum von "Hofer in der Hofburg" ist auch der von der blau-schwarzen Wende auf Sicht geplatzt. Der angezählte schwarze Django sitzt wieder fester im Sattel. Die Lopatkas, die den Koalitionsbruch provozieren und mit Kurz in Neuwahlen ziehen wollten, hatten zuletzt auch öffentlich auf Hofer gesetzt. Sie haben nun Sendepause.

Die FPÖ wird sich jenseits aller Fakten weiter auf Mitterlehner einschießen – und hoffen, so die fragile innere Machtbalance der ÖVP ins Wanken zu bringen.

Der Sündenbock "Wahlschwindel" ist tot, schuld an der Hofer-Niederlage ist einmal mehr jemand anderer.

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