Schinkels: "Den Glauben verloren"

Ex-Trainer Schinkels: Vor dem Arbeitsgericht tobt ein heftiger Streit um einen Nebenvertrag mit Nettobeträgen.
Doppelte Verträge, düstere Figuren: Warum Frenkie Schinkels in Österreich nicht mehr als Trainer tätig sein will.

Frenkie Schinkels, 49, Frohnatur und Wuch­tel­akrobat, hat die Nase voll. "Ich habe keine Lust mehr auf die Seriosität gewisser österreichischer Fußballfunktionäre", sagt er voll Ironie. "Die meisten sonnen sich doch nur in ihrer Eitelkeit, verkosten im VIP-Klub teure Weine und haben vom Sport keine Ahnung."

Schinkels mag nicht mehr als Trainer tätig sein, er hat einen Dreijahresvertrag bei Puls 4 unterzeichnet, als TV-Experte. "Ich freue mich auf eine spannende und vor allem saubere Champions-League-Saison", betont er. Der Hinweis auf die Sauberkeit ist bewusst gesetzt: Es geht um die Schattenseiten des heimischen Fußballs, um dubiose doppelte Verträge, um "düstere Figuren", wie Schinkels sie nennt, die ob der Scheinmoral in der Szene angelockt würden.

Kreative Verträge

Ein Mann mit Sonnenbrille und grauem Sakko blickt in die Ferne.

Nebenabsprachen im Fußball sind so alt wie der Fußball selbst. Und: Sie kamen auch beim ältesten Klub des Landes vor. Beim First Vienna Football Club. Davon betroffen: Frenkie Schinkels, 2010 einige Monate lang Chefcoach bei der Vienna. "Zusätzlich, neben dem Vertrag von Hr. Schinkels und der First Vienna 1894, werden folgende Vereinbarungen getroffen: Frenk Schinkels bekommt 12x EUR 6000,– netto ausbezahlt in 2 Raten". Vorgelegt und unterzeichnet wurde das einseitige Papier vom Vienna-Präsidenten, von Herbert Dvoracek. Offiziell existierte freilich ein Bundesliga-Vertrag, der dem KURIER ebenfalls vorliegt. Laut diesem sollte Schinkels als Trainer monatlich 3202,33 Euro brutto verdienen.

Beide Verträge sind Teil eines Infights zwischen dem Vienna-Präsidenten und seinem Ex-Trainer, der nach wie vor vor dem Arbeitsgericht tobt. Schinkels, von Dvoracek fristlos gefeuert, sagt: "Ich bin zwar nur 1,70, aber ich lasse mich nicht einschüchtern." Das Problem vieler Präsidenten sei: "Erst versprechen sie dir das Blaue vom Himmel, dann kommen sie drauf, dass sie nicht so viel zahlen wollen. Und dann versuchen sie, mit unlauteren Methoden Geld zu sparen." Dvoracek, der sich bei Erklärungsversuchen zur Netto-Vereinbarung in Widersprüche verstrickt, meint: Schinkels sei halt ein teurer Irrtum gewesen.

Kuriose Statuten

Kuriose Statuten Unglaublich, aber wahr: Laut Bundesliga-Statuten sind Nebenabsprachen mit Spielern strikt untersagt – mit Trainern jedoch nach wie vor erlaubt. Ganz offensichtlich haben Geistesgrößen in den Gremien bei der diesbezüglichen Reglementänderung vor fünf Jahren schlichtweg übersehen, dass Fußballvereine nicht nur professionelle Spieler, sondern auch hauptamtliche Betreuer beschäftigten. Stellt sich die Frage nach der Versteuerung: Schinkels darf aufgrund des Hinweises, wonach vom Vienna-Präsidenten "netto ausbezahlt" werde, wohl berechtigterweise davon ausgehen, dass der unterzeichnende und zur Zahlung verpflichtete Vienna-Boss Dvoracek steuerpflichtig ist. Dvoracek indes meint, dass Schinkels an den Fiskus abzuliefern habe. Einer der überraschendsten von mehreren Erklärungsversuchen des Herrn Präsidenten: "Das eine ist das Gehalt, das andere ist der Zuschuss, damit er’s macht ... das ist kein Arbeitsvertrag."

Part of the Game

Schinkels jedenfalls hat die Unsitten satt: Die Handschlagqualität sei vor allem der zweiten Profiliga abhanden gekommen. "Präsidenten freuen sich, wenn sie Profis mit einem monatlichen Fixum von 900 Euro brutto verpflichten. Wenn so ein Spieler dann einige Wochen lang keine Punkteprämien kassiert, dann wird’s finanziell dramatisch eng. Und dann wundern wir uns, wenn auch in Österreich plötzlich ins eigene Tor geköpfelt oder über verschobene Partien gemutmaßt wird? Das ist doch ein ideales Betätigungsfeld für Scouts der Wettmafia, die versuchen, Opfer zu finden." Es gebe mittlerweile "ja mehr Wettbüros als Kirchen."

Angesichts dieser Bedrohung geht selbst einem wie Schinkels der Schmäh aus.

Zur Person: Dancing Star und Analytiker

Frenkie Schinkels Der gebürtige Niederländer wurde 1963 in Rotterdam geboren. 1985 kam er nach Österreich und machte unter anderem für den Wiener Sportclub, Austria Wien, VSE St. Pölten und Austria Salzburg das Spiel. Im Dezember 2004 wurde Schinkels von Mäzen Frank Stronach als Chefscout zur Austria geholt. Im Mai 2005 übernahm er den Trainerposten und feierte 2006 gemeinsam mit Sportchef Peter Stöger Meistertitel und Cupsieg. Weitere Stationen: Sportdirektor und Trainer beim SK Austria Kärnten (2008/2009) sowie bei der Vienna (2010). Zuletzt war er für den ORF als Dancing-Star und Analytiker tätig – "es war eine schöne Zeit.". Ende Juni gab Schinkels den Wechsel zum Privatsender Puls 4 bekannt. Ab August analysiert er die Champions League.

 

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